Mit Biss, ohne Gott

Ein Insider berichtet, wie Tony Blair und seine Berater während der Irakkrise aneinander gerieten

LONDON dpa ■ Auch engste Berater des britischen Premierministers Tony Blair haben sich während der Irakkrise zuweilen über seine Amerikafreundlichkeit und Religiosität lustig gemacht. Das enthüllte ein am Wochenende veröffentlichter Bericht des ehemaligen Times-Chefredakteurs Sir Peter Stothard, der Blair während der Krise begleitete.

Als Blair zu Beginn des Krieges darüber nachdachte, wie er das britische Fernsehpublikum in einer Ansprache anreden könne, schlug sein wichtigster Berater, Kommunikationschef Alastair Campbell, spöttisch vor: „Meine lieben amerikanischen Landsleute“ – offenbar eine Anspielung auf Blairs unverbrüchliche Treue zu US-Präsident George W. Bush. Blair habe darüber nicht lachen können.

Beißende Kritik erntete Blair auch, als er die Rede nach amerikanischer Art mit einem „Gott segne Sie“ abschließen wollte: „Du sprichst zu einer Menge Leute, die nicht mit einem solchen Pastorengeschwätz zugelabert werden wollen“, bekam der tiefgläubige Regierungschef zu hören. Er beschimpfte seinen Beraterstab daraufhin als „gottlosen Haufen“, sagte am Ende der Rede aber nur „Danke“.

Auch als Blair in einem Interview mit dem US-Magazin Vanity Fair dazu ansetzte, seine religiösen Überzeugungen offen zu legen, intervenierte Campbell sofort: „Gott behandeln wir hier nicht“, fuhr er dazwischen, woraufhin Blair zur nächsten Frage überging. Campbell – selbst Atheist – machte sich offenbar Sorgen, dass Blair mit religiösen Bekenntnissen viele Labour-Wähler verschrecken könne. Anders als in den USA ist es in Großbritannien nicht üblich, dass sich Politiker auf Gott berufen.