: „Schöne Zeit in der Politik“
Ronald Schill verlässt nach zwei Jahren Rathaus, die Hansestadt und Deutschland
Tschüß, sagt der Hanseat zum Abschied. Und er sagt es leise. Nicht so Ronald Schill. Der donnert zum Abtritt noch einmal laut in die Mikrophone und rechnet mit allen ab, mit denen er meint, abrechnen zu müssen. Mit den Medien, die „ihn totgeschwiegen“ hätten, und mit den Nockemännern und Mettbachs, „die den Keim des Verrats“ in seine Partei gebracht und deren Niedergang damit besiegelt hätten.
Trotzdem sei es ihm und seinen Anhängern gelungen, zur viertstärksten Partei in Hamburg zu werden, deutet Schill mit gefrorenem Lächeln die Niederlage in einen Sieg um: Der Mann ist unbeirrbar.
Bei Schills Abrechnung darf vor allem der Bürgermeister an diesem Abend nicht fehlen. Dessen Bekenntnis, er freue sich über jedes Schill-Plakat, das er nicht mehr sehen müsse, sei die „Aufforderung zu einer Straftat“ gewesen. Deswegen denke er „darüber nach, die Wahl anzufechten“, verrät der Ex-Innensenator seinen Anhängern. Der ProDM-Vorsitzende Bolko Hoffmann wird später bekräftigen, dass er „mit hoher Wahrscheinlichkeit vor die Gerichte ziehen“ werde um das Wahlergebnis zu korrigieren.
Die rund 250 – meist betagten – Schill-Anhänger, die sich zur Wahlparty im Flughafen-nahen Airport-Hotel versammelt haben, spenden ein letztes Mal artig Applaus. Doch auch Verschwörungstheorien helfen nicht weiter: Das Spiel ist aus, Ronald Schill verlässt nach zwei Jahren die Rathausbühne.
Seinen Abgang hat er perfekt inszeniert: Nicht ohne Pathos verkündet er, „Hamburg, die Politik und das Land zu verlassen“. Dann zieht er noch einmal Bilanz: „Es war eine schöne Zeit, die ich in der Politik zugebracht habe.“ Bevor Schill seinen Abtrittsauftritt beendet, nimmt er noch einmal die aufs Korn, die der Wähler mit ihm zusammen in die Wüste gechickt hat. Wir haben „elfmal so viele Stimmen, wie die Partei, die geglaubt hat, auf mich verzichten zu können“, entlockt Schill seinen Fans ein letztes Mal Beifall. Besser zu sein als die einstigen Parteigefährten von der Offensive, das muss an diesem Wahlabend als Genugtuung ausreichen.
Wer darüber hinaus noch Trost braucht, kann sich an edlen Häppchen und süßen Schaumspeisen vergreifen, die Bolko Hoffmann für viel Geld aufgefahren hat. Edel geht die Partei zugrunde. marco carini