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Archiv-Artikel

Sympathisch, aber knallhart

Ole von Beust hat im Hamburger Wahlkampf für jedes Milieu das richtige Wort gefunden

HAMBURG taz ■ „Man braucht eine Zeit, um das zu verarbeiten“, bekannte Ole von Beust gestern Abend. Dieser Abend gehe ihm schon sehr nahe. Diesen historischen Wahlsieg hat ihm keiner zugetraut und er sich selbst vielleicht auch nicht. Mit diesem CDU-Sieg empfiehlt sich Ole von Beust für die Zukunft. Zögerlich, weich, sensibel, nett, mimosenhaft, Sonnyboy – all diese Etiketten, die ihm verpasst wurden, verkannten seinen machtpolitischen Willen. Der mit diesem Traumergebnis wiedergewählte Beust ist einer, der weiß, was er will. Von Beust lehrt: Auch einer, der sympathisch auftritt, kann knallhart sein.

In Hamburgs CDU hat er alle Konkurrenten im Lauf der Jahre kaltgestellt, der ehemalige Verteidigungsminister Rühe kann ein Lied davon singen. Hinter dem Freiherrn kommt in der hanseatischen Christdemokratie lange nichts, die Partei ist zum Bürgermeister-Wahlverein geworden. Faulheit im Amt wirft ihm die Opposition vor, von Beust würde es eher „kreative Pausen“ nennen, die sich der Bürgermeister ab und zu nimmt. Seiner Popularität hat das keinen Abbruch getan, mancher Journalist vergleicht ihn bereits mit einem Popstar, sein Plakat „Michel Alster Ole“ war der Marketingcoups des Wahlkampfes.

Zu verdanken hat er dieses Renommee der Kunst, in jeder Umgebung das richtige Wort zu finden, ob im feinen Übersee-Club oder im Fußballstadion. Ein flotter Spruch, ein Lächeln, ein Scherz – das ist die Art, mit der von Beust Politik macht. Die intellektuelle Auseinandersetzung ist seine Sache nicht.

Von Beust hat sich lange geweigert, seine Ambitionen auch über Hamburg hinaus auszuweiten. Nun widerspricht er der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel beim Thema EU-Beitritt der Türkei, weicht beim Zuwanderungsgesetz von der Parteilinie ab, trifft sich mit Henning Scherf, dem SPD-Kollegen aus Bremen, zur Ausarbeitung gemeinsamer Steuerpläne. Der alte und neue Hamburger Bürgermeister Ole von Beust hat noch einiges vor. Zeit, diesen Wahlsieg zu verarbeiten, wird er jedenfalls wohl kaum finden.

PETER AHRENS