Von Büchern, Briefen und Vorwürfen

Wegen Verdachts auf Untreue wurde der Direktor entlassen – jetzt soll die Emder Lasco-Bibliothek ganz dichtmachen

Die Johannes a Lasco-Bibliothek in Emden soll 6,6 Millionen Euro ihres Stiftungskapitals von 8,6 Millionen Euro verloren haben. Das berichtete der Vizepräsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Johann Weusmann, der in Emden tagenden Synode seiner Kirche. Der wissenschaftlichen und bibliothekarischen Betrieb der Bibliothek wird zum 15. Dezember eingestellt.

2001 war die Bibliothek, eines der führenden Forschungsinstitute zum reformierten Protestantismus, noch zur „Bibliothek des Jahres“ gewählt worden. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Direktor Walter Schulz – Verdacht auf Untreue. Die Kirche hatte Schulz im September fristlos gekündigt.

Weusmann warf Schulz vor, er habe das Stiftungskapital verwendet, um Risikogeschäfte zu tätigen. Um die Einnahmen zu erhöhen, habe Schulz einen Zinssatz von elf Prozent erreichen wollen und sich dazu auf Termin- und Währungsgeschäfte eingelassen. Bereits beim Börsen-Crash im Jahr 2002 seien so 3,5 Millionen Euro verloren gegangen.

Obwohl das Kuratorium der Stiftung Schulz daraufhin verboten habe, neue Bücher anzuschaffen, habe der Direktor in den folgenden Jahren über eine Million Euro für Bücher und Kunstgegenstände ausgegeben. Um die laufenden Kosten zu decken, seien „größere Summen“ aus dem Stiftungskapital entnommen worden.

Im August 2008 sei das Stiftungskapital bereits auf 2,6 Millionen Euro abgeschmolzen gewesen, sagte Weusmann nun gegenüber der Synode. Wegen des Verlustes habe der von der Landeskirche eingesetzte kommissarische Leiter Wilhelm Neef allen Bibliothekaren kündigen müssen. Von den Zinsen der jetzt noch vorhandenen zwei Millionen Euro können demnach nur noch die Gehälter für die Sekretärin, den Hausmeister und zwei Putzkräfte gezahlt werden.

Unterstützung hatte der abgesetzte Bibliotheksdirektor vom ehemaligen Generalsekretär der Stiftung Niedersachsen, Dominik von König, erhalten. Schulz habe in Emden „Herausragendes geschaffen“, schrieb König in einem Gastbeitrag in der Emder Zeitung. Die Bibliotheksstiftung indes sei „unterkapitalisiert gewesen“, hieß es weiter. „Wenn das gewünschte Niveau gehalten werden sollte, musst eine finanzielle Schieflage eintreten.“ Die „verantwortlichen Gremien“ hätten dies „hingenommen“, so von König, der selbst Mitglied im Kuratorium war.

In einem Offenen Brief kritisierte Schulz’ Amtsvorgängerin Corinna Roeder die Evangelisch-reformierten Kirche. Deren Präsident Jann Schmidt habe „keinen Sanierungsplan“, schrieb Roeder, und versuche, die Bibliothek „abzuwickeln“. TAZ / EPD