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Archiv-Artikel

Gemein: Keiner hilft mehr der CDU

Am Tag danach: SPD und FDP lecken ihre Wunden, und Bürgermeister Ole von Beust spürt nach dem Erringen der absoluten Mehrheit schwer die Verantwortung auf sich lasten. GAL freut sich auf machtvolle Oppositionsarbeit

von peter ahrensund sven-michael veit

Der Wahlsieger bleibt seinem Erfolgsrezept treu: Den Staatsmann geben, das betonen, was in der Stadt als hanseatisch interpretiert wird. So hat sich CDU-Bürgermeister Ole von Beust denn auch am Tag nach seinem Triumph bei der Bürgerschaftswahl vor allem „Fairness und Anständigkeit“ für die kommende Legislaturperiode gewünscht. Vor der noch siegestrunkenen und zahlenmäßig verdoppelten neuen Fraktion stellte er gestern fest: „Es gibt überhaupt keinen Grund zur Großkotzigkeit.“ Das dürften einige in seiner Partei allerdings anders sehen: Die CDU ist seit Sonntag das Maß aller Dinge im Rathaus, und so fiel denn auch der Applaus für denjenigen aus, dem sie das vorrangig zu verdanken haben.

Von Beust sprach da lieber von „Vertrauensbeweis“, den die WählerInnen ihm erteilt hätten, und auch sein Fraktionschef Michael Freytag fühlte bereits die „enorme Verantwortung“, die jetzt auf den ChristdemokratInnen ruhe: „Wir spüren sozusagen den Druck dadurch, dass wir es jetzt allein machen müssen“, klang es bei Freytag fast mulmig. Und auch der Bürgermeister warnte vor Überheblichkeit: „In der Politik muss man immer aufpassen.“

Bei so viel Attitüde der Zurückhaltung bekam gar die Hamburger SPD als eine der Verliererinnen des Wahlabends noch Generöses mit auf den Weg gegeben: Es sei für die SozialdemokratInnen „spürbar gewesen, dass ihnen der eiskalte Wind aus Berlin um die Nase wehte“, entschuldete von Beust die Landes-SPD ein bisschen von ihrer Verantwortung.

Über die Konsequenzen aus der erneuten Niederlage beriet am Abend der Landesvorstand der Sozialdemokraten. Parteichef Olaf Scholz hatte zuvor bereits trotzig verkündet, dass sich „um die Zukunft der Hamburger SPD niemand Sorgen machen muss“. Es sei allerdings „bitter“, dass Hamburgs WählerInnen ein so kurzes Gedächtnis hätten. Viele hätten offenbar für Ole von Beust „wegen des Rauswurfs von Ronald Schill“ gestimmt und darüber vergessen, dass derselbe von Beust „Schill ins Rathaus geholt hatte“. Mit direkten personellen Konsequenzen bei der SPD ist vorerst nicht zu rechnen, da die Nachfolge des aus dem Amt scheidenden Scholz ohnehin auf einem Parteitag Mitte Juni geklärt werden muss (weiterer Bericht Seite 27).

Ohne Personaldebatte werden die Grünen „verstärkt die Oppositionsarbeit aufnehmen“, erklärte GAL-Parteichefin Anja Hajduk gestern Abend vor der Landesvorstandssitzung zur taz. Die Wahlkampfstrategie der GAL und ihrer Spitzenkandidatin Christa Goetsch sei „gut und richtig“ gewesen. Das zeige sich an den zum Teil erheblichen Stimmengewinnen. Hinzu kämen die gestiegenen Kompetenzwerte in den Bereichen Bildung und Familie, welche die WählerInnen der GAL attestiert haben: „Wir können sehr zufrieden sein mit dem grünen Ergebnis“, so Hajduk. Dass es nicht zum Regierungswechsel reichte, habe an der SPD gelegen. Heute Abend wird eine Mitgliederversamlung der Grünen über das Ergebnis der Wahl debattieren.

Auch die FDP ging gestern Abend in Klausur – Positivnachrichten wie bei der GAL gab es dort nicht zu bewerten. Spitzenmann und Bildungssenator Reinhard Soltau war zuvor zum Rapport beim Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle in Berlin gewesen, der Abend sollte dann der Analyse der Niederlage dienen.