: Gentechfreie Zone bald auch in den USA?
Die Bürger von Mendocino County dürfen heute wählen, ob sie die erste gentechfreie Region in den USA werden wollen. Die Entscheidung hat Signalfunktion. In mehreren US-Bundesstaaten sind ähnliche Initiativen bereits in Vorbereitung
AUS BERLIN WOLFGANG LÖHR
Mendocino County, ein kleiner Bezirk im Norden Kaliforniens, hat heute die Chance, als erste gentechfreie Zone in die Geschichte der USA einzugehen. In dem ländlich strukturierten Bezirk an der Pazifikküste werden die Wähler in einer für heute angesetzten Volksabstimmung entscheiden können, ob künftig der Anbau oder die Zucht von gentechnisch veränderten Pflanzen und Tieren in dem County verboten ist.
Mendocino County ist zwar nur ein kleiner Bezirk, rund 85.000 Menschen leben dort. Und mit dem Bürgerentscheid wird auch nicht verhindert werden können, dass in den Supermärkten weiterhin verarbeitete Gentech-Produkte angeboten werden. Für die noch relativ kleine, aber wachsende Schar der US-amerikanischen Gentech-Kritiker hat die Abstimmung über die als „Measure H“ bezeichnete Initiative jedoch eine wichtige Signalfunktion. Sollte das Verbot angenommen werden, könnte das, so die Hoffnung der Kritiker, eine Initialzündung für ähnliche Initiativen sein. So wird in Texas derzeit versucht, ein Verbot für den Anbau von so genannten Pharmapflanzen durchzusetzen. Mit diesen Pflanzen sollen Impfstoffe oder Wirkstoffe für Arzneimittel hergestellt werden.
Auch Bio-Farmer, die auf Hawaii Kaffee anbauen, werden die Geschehnisse in Mendocino County heute genau beobachten. Sie haben vor kurzem eine Kampagne gestartet, um Freilandexperimente mit genmanipulierten Kaffeepflanzen zu verhindern. Gemeinsam teilen sie die Befürchtung, dass ihre Ernten durch Pollenflug von den benachbarten Gentech-Feldern verunreinigt werden und sie diese nicht mehr als gentechfrei verkaufen können.
Auch in Mendocino County sind es vor allem Biobetriebe, die sich für das Anbauverbot von Gentech-Pflanzen einsetzen. Rund 20 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Mendocino County werden ökologisch bewirtschaftet, darunter sind viele Weinbauern. „Grown in Medocino County, gentechfrei“ wäre auch eine hervorragender Werbeslogan für unsere Region, meint Laura Hamburg von der „Yes on H“-Kampagne.
Widerstand kommt von der Saatgut-Industrie. Rund 300.000 US-Dollar hat der von den großen Biotech-Unternehmen, unter anderem Monsanto, Bayer, BASF und Syngenta, getragene Lobby-Verein „Crop Life America“ in Mendocino County ausgegeben, um das Verbot zu verhindern. Im vergangenen Jahr schon hatte die Industrie 1,5 Millionen Dollar spendiert, um eine Abstimmung im Bundesstaat Oregon zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Dort sollten die Bürger entscheiden, ob eine Kennzeichnung für Gentech-Food eingeführt werden soll. Die Initiative wurde knapp abgelehnt.
Über Kennzeichnung und Anbauverbote wird derzeit auch im Nordosten der USA, im Bundesstaat Vermont, gestritten. Dort liegen mehrere Gesetzentwürfe vor, die für die Biotech-Industrie nur schwer verdaubar sind. Es soll nicht nur eine Kennzeichnung vorgeschrieben werden, sondern auch ein Anbauverbot für alle Gentech-Pflanzen. Der Rechtsausschuss zumindest hat das Anbauverbot letzte Woche schon einmal einstimmig angenommen. Solange gesundheitliche Gründe angeführt werden, könnte ein solches Verbot auch gegen anderslautende Bundesgesetze eingeführt werden.