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Archiv-Artikel

Blanker Terror gegen Schiiten

Verheerende Anschläge in Bagdad und Kerbela fordern am höchsten schiitischen Feiertag mehr als 150 Tote. Schiiten vermuten Anhänger von al-Qaida und Exdiktator Saddam Hussein als Täter

BADGDAD/KERBELA dpa/afp/taz Bei der blutigsten Anschlagsserie seit Kriegsende sind am Dienstag in Bagdad und Kerbela mindestens 150 Menschen getötet und hunderte verletzt worden. Eine genaue Zahl der Opfer lag gestern nicht vor. Die zeitgleichen Sprengstoffanschläge in der Hauptstadt Bagdad und dem Wallfahrtsort Kerbela richteten sich gegen schiitische Gläubige, die sich zu zehntausenden anlässlich ihres Aschura-Fests versammelt hatten. Das Aschura-Fest ist der heiligste Feiertag der Schiiten. Der provisorische Regierungsrat ordnete gestern eine dreitägige Staatstrauer an.

In der Hauptstadt galten die Anschläge dem Mausoleum des Imam Mussa al-Kasem. Nach Angaben eines Wachmanns sprengten sich vier Selbstmordattentäter innerhalb weniger Sekunden vor dem Haupteingang, einem Seiteneingang sowie im Zentrum der Moschee in die Luft, die die Grabstätten des siebten Imams und seines Enkels beherbergt. Mindestens 58 Menschen wurden getötet. Etwa zum selben Zeitpunkt wurde die zentralirakische Stadt Kerbela von einer Reihe von Explosionen erschüttert. Nach vorläufigen Angaben wurden hier mindestens 85 Menschen getötet. In Kerbela sind derzeit rund eine Million schiitische Pilger versammelt, um an den Tod von Imam Hussein, den Enkel des Propheten Mohammed, zu erinnern.

Augenzeugen berichteten von mehreren Explosionen in der Nähe der Mausoleen von Hussein und seines Halbbruders Abbas. Über den Stätten stieg Rauch auf, es herrschte Panik. An den Explosionsorten waren die Straßen von Leichen, abgerissenen Körperteilen und rauchenden Trümmern übersät. Leblose Körper wurden auf Lastenkarren fortgebracht. US-Soldaten wurden mit Steinen beworfen und feuerten Warnschüsse in die Luft.

Während des Aschura-Fests gedenken Schiiten aus aller Welt des Märtyrertodes ihrer spirituellen Leitfigur Imam Hussein vor mehr als 1.300 Jahren. Seit dem Sturz des Diktators Saddam Hussein hatten die schiitischen Gläubigen in diesem Jahr erstmals die Möglichkeit, das Aschura-Fest in Kerbela zu feiern. Hussein gilt ihnen als der legitime Nachfolger Mohammeds.

Der Sprecher der Schiiten-Partei Sciri, Hamid al-Badschati, bezeichnete die Anschlagsserie als „kriminellen Akt, der sich gegen unschuldige Menschen“ gerichtet habe. Die Attentäter könnten zu al-Qaida gehören oder Anhänger des vor rund einem Jahr gestürzten Präsidenten sein. Erst am Vortag hatte der Übergangsrat die Übergangsverfassung verabschiedet, die den Weg zur Rückgabe der irakischen Souveränität im Sommer und allgemeinen Wahlen spätestens im nächsten Jahr ebnen soll.

Fast zeitgleich mit den Anschlägen im Irak haben Bewaffnete in der pakistanischen Stadt Quetta das Feuer auf einen schiitischen Prozessionszug eröffnet. Dabei wurden mehr als 40 Menschen getötet und 80 verletzt, wie die Behörden mitteilten. Nach einem ersten Schuss und einer Explosion sei Panik ausgebrochen. Niemand habe mehr gewusst, wer auf wen gezielt und geschossen habe.

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