„Als Nummer eins will man alles“

Gegen China absolvieren die Fußball-Weltmeisterinnen des DFB heute ihren ersten ernsthaften Test auf dem Wegzu den Olympischen Spielen, wo Bundestrainerin Tina Theune-Meyer endlich Gold mit ihrem Team gewinnen will

FRANKFURT taz ■ Tina Theune-Meyer hat wieder Platz für neue Träume. Vorbei sind die Nächte, in denen die Weltmeisterschaft in den USA in Endlosschleifen vor ihrem inneren Auge abflimmerte. „Das ist jetzt endgültig hinter mir“, sagt sie. Der goldene Moment, in dem sich Nia Künzer auf dem Rasen von Carson City hochschraubte und den Ball zum 2:1 über Schweden in die Tormaschen köpfte, wird ihr keiner mehr nehmen können. Es ist Theune-Meyers größter Erfolg als Trainerin der deutschen Frauen. Bislang. Denn Olympia steht vor der Tür, und als Weltmeister sind die Ziele klar definiert: „Realistisch ist eine Medaille, aber als Nummer eins will man natürlich alles.“

Nach den Mustern ohne Wert in der EM-Qualifikation – Frauenfußball-Entwicklungsland Portugal wurde zweimal zweistellig überrannt – ist das heutige Match in Fürth gegen China ein erster echter Prüfstein nach dem Triumph in den USA. „Die Chinesinnen haben einiges gutzumachen. Sie zählen ebenfalls zu den Olympia-Favoritinnen. Ich kann mir keinen besseren Gegner vorstellen“, sagt die Bundestrainerin, die weiß, dass nun alle die deutschen Frauen jagen. Die USA zum Beispiel werden sich 19 Wochen nur auf Olympia vorbereiten, die Schwedinnen sinnen nach ihrer zweiten Golden-Goal-Niederlage in Folge auf Revanche und junge Teams wie Kanada oder Brasilien streben in die Weltspitze. „Wir haben eben bei der WM viele Nationen verärgert“, grinst Tina Theune-Meyer.

Gegen die Vizeweltmeisterinnen von 1999 wird sich erstmals zeigen müssen, ob die deutsche Mannschaft den Abschied von Bettina Wiegmann und Maren Meinert kompensieren kann. 13 Weltmeisterinnen hat die Trainerin in ihren 22-köpfigen Kader berufen. Dazu die Debütantinnen Nadine Richter (Rheine), Alexandra Schwald (Freiburg, beide Tor) und Britta Carlson (Hamburger SV). Das Korsett gegen die Chinesinnen bilden aber einmal mehr die Spielerinnen von FFC Frankfurt (vier) und Turbine Potsdam (sechs). Übrigens: Vor fast genau einem Jahr – am 6. März 2003 – wurde mit einem Test gegen die Chinesinnen die WM-Vorbereitung eingeläutet. Damals gewannen die deutschen Frauen nach Treffern von Müller, Wiegmann und Grings in Arnsberg mit 3:1.

„Die Perspektive ist glänzend“, blickt Theune-Meyer schon über die Olympischen Spiele hinaus. Deutschlands Fußball-Frauen spüren immer noch den Schwung des WM-Erfolges. Eigene Sponsoren, neue Strukturen, intensive Förderprogramme – nie waren die Voraussetzungen für Frauenfußball besser. „Spiele und Spielerinnen interessieren endlich die Leute“, erkennt die 50-jährige Trainerin, die ja selbst in einer Zeit aufwuchs, als Frauenfußball beim DFB untersagt war (bis 1970). Heute werden natürlich auch wieder die Kameras der ARD aufgebaut – im Vorabendprogramm. Das Erste wird das Spiel ab 18 Uhr live übertragen. Frauenfußball verspricht endlich hohe Einschaltquoten. „Es ist eine große Chance für uns und es kommt ganz allein auf uns an, auf dem Spielfeld dafür zu sorgen, dass die Leute nicht mehr abschalten“, sieht die Bundestrainerin die Entwicklung mit Genugtuung. Nach zwei Europameisterschaften, Bronze in Sydney und der Weltmeisterschaft 2003 möchte sie jetzt vor allem eines erleben: Olympisches Gold in Athen – und alle schauen live im Fernsehen zu.

THORSTEN KARBACH