reform und sucht
: Nur neue Zähne

Es gibt dieses Lied von Superpunk: „Nur neue Zähne für mein‘ Bruder und mich“, heißt es im Refrain, der Titel ist schon ein paar Jahre alt. Man kann sagen, die Hamburger Punkpoeten waren ihrer Zeit voraus. Ein Mann verteidigt sich für einen Überfall, wollte sich ein besseres Gebiss anschaffen: „Ich bin nicht böse geboren...“

Kommentar von Christoph Schurian

Der Zusammenhang zwischen Gesundheitsreform und Armut und Kriminalität ist kaum zu leugnen. Kaum kassierten die ersten Praxen von ihren Patienten zehn Euro, klagten Ärzte über Einbrüche.

Nun sieht es so aus, als ob die Zuzahlungen und Kürzungen besonders Methadonpatienten hart treffen. Die Substituierten leben meist von Sozialhilfe. Zusätzliche Ausgaben – auch 35 Euro ! – belasten ihr Einkommen. Und weil einige Krankenkassen nicht mehr für Fahrtkosten zur Methadonversorgung aufkommen, fahren Methadonpatienten nun gar nicht mehr oder schwarz und machen sich strafbar.

Drogenberater wollen festgestellt haben, dass eine neue Beschaffungskriminalität entsteht, nur um die Therapien fortsetzen zu können.

Es zeigt sich: Die Reform wurde von Volksparteien ausgekungelt, die von kaum einer anderen sozialen Gruppe weiter entfernt sind als von Drogensüchtigen. Und so wird der Sinn der Heroinsubstituierung ins Gegenteil verkehrt: Ging es nicht darum, Süchtige aus dem teuflischen Kreislauf von Schuss und Geldbeschaffung heraus zu holen?