: Für Aachens Arme fehlen die Wohnungen
In Aachen bricht der soziale Wohnungsbau zusammen. Es gibt aber immer mehr Arme. Die Stadt setzt auf private Hilfe
Aachen taz ■ Josepha Wevenburger hat ihren Wohnberechtigungsschein in den Müll geschmissen. „Er bringt mir nichts in dieser Stadt“, sagt die 37-Jährige. Zwei Jahre lang hat sie mit dem Schein gelebt. In einem geförderten Betonbau namens Driescher Hof. Jetzt wohnt die Einzelhandelskauffrau wieder „normal“ - zum Einen, weil sie jetzt ein bisschen mehr verdient, vor allem aber, weil sie nicht noch einen Winter frieren wollte.
„Der Driescher Hof ist für einkommensschwache Menschen kaum bewohnbar“, sagt Johann Körfer, Leiter des Fachbereichs Wohnen. „Er ist derartig schlecht isoliert, dass die Bewohner ihre Heizkosten nicht bezahlen können.“ Er muss die Menschen aus dem Driescher Hof also eigentlich auf andere Sozialwohnungen verteilen. Nur: Es gibt in Aachen immer weniger. Einem Viertel der Wohnungssuchenden musste die Stadt im vergangenen Jahr eine Absage erteilen. „Für arme Menschen gibt es in Aachen bald keine Wohnungen mehr“, sagt Körfer. Als arm gelten in Aachen Menschen, die monatlich weniger als 18.000 Euro im Jahr verdienen und deshalb vom Sozialamt einen Wohnberechtigungsschein oder sogar Wohngeld erhalten.
Diese Armen können die Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus beziehen und müssen dort nur mit marginalen Mieterhöhungen rechnen. Die Vermieter erhalten dafür zinslose Darlehen vom Land Nordrhein-Westfalen mit Laufzeiten von bis zu 35 Jahren. Die sind allerdings bei den meisten in den nächsten fünf Jahren vorbei. Und verlängern will fast niemand. „Die Gewinnspannen auf dem freien Markt sind eben doch höher“, sagt Johann Körfer.
Für Aachens Arme ist diese neue Wohnungsnot ein echtes Problem, denn anders als in den meisten nordrhein-westfälischen Städten wächst Aachens Bevölkerung kontinuierlich – entsprechend hoch sind die Mieten auf dem freien Markt. Außerdem wird es durch Hartz IV auch im vergleichsweise reichen Aachen bedeutend mehr Sozialhilfeempfänger geben. „Wo die dann wohnen sollen, wissen wir zur Zeit noch nicht“, sagt Johann Körfer.
Die Stadt will deshalb versuchen, verstärkt private Investoren zu werben. „Das Land wird ja weiterhin die Darlehen vergeben, für Gründer kann das durchaus attraktiv sein“, sagt Körfer. Auch planungsrechtlich will man potentiellen Interessenten entgegen kommen. „Mehr können wir nicht machen“, sagt Körfer.
MIRIAM BUNJES