: Am Ende nicht zerfleddern
Mehr Zustimmung als Gegenwind für Kanzler Schröder und seine „Agenda 2010“ bei der SPD-Regionalkonferenz am Mittwochabend in der Fischauktionshalle
Die Emotionen unter den etwa 1200 Parteimitgliedern bei der Regionalkonferenz Nord der SPD in der Hamburger Fischauktionshalle am Mittwochabend kochten immer wieder hoch. Doch in Bausch und Bogen mochte kaum einer der etwa 50 Genossen am Rednerpult, die nach der Auftaktrede von Bundeskanzler und Parteichef Gerhard Schröder (taz berichtete gestern) das Wort ergriffen, dessen „Agenda 2010“ ablehnen.
Dennoch machte mancher Genosse seinem Unbehagen über die geplanten sozialen Einschnitte und über den zunächst geplanten Alleingang des Kanzlers Luft. Simon Klages aus Hamburg beklagte, dass die Agenda 2010 die „Umverteilung von unten nach oben“ fortsetzt und bei den Schwächsten abräumt. „Es wird uns gesagt, es gibt keine Alternativen. Doch die gibt es. Die werden totgeschwiegen, weil sie zu Lasten der großen Lobbygruppen gehen würden.“
Der Harburger Harald Kuras schäumte in Richtung Kanzler: „Ich lasse mir nicht vorhalten, an der Agenda 2010 sei nichts zu ändern.“ Der Vorsitzende des SPD-Kreises Osnabrück-Land, Alfred Tilgner, kritisierte, die Regionalkonferenzen seien zu spät gekommen. „Wir wollen die Reformen mitgestalten. Veränderungen im Detail müssen bis zum Sonderparteitag noch möglich sein.“ Der Parteichef hatte sich erst nach Druck aus der Partei auf eine Diskussion über seine an die sozialdemokratische Seele gehenden Reformvorschläge eingelassen.
Katarina von Finteln, Distriksvorsitzende in Altona-Nord, verwies darauf, wie schwer es einfachen Gewerkschaftsmitgliedern in der Partei fällt, den Reformen zuzustimmen. „Am Ende waren wir aber der Meinung, dass wir die Agenda nicht zerfleddert sehen wollen.“ IG Metall-Bezirksleiter Frank Teichmüller redete sich indes die Wut über die geplante Lockerung des Kündigungsschutzes von der Seele: Es seien schmerzhafte Reformen nötig. „Aber diese Agenda 2010 wird den Erfolg nicht erreichen, den sie verspricht. Deshalb ist sie ein Problem.“
Der Kanzler ging in einem erneuten Redebeitrag auf den eskalierenden Konflikt mit den Gewerkschaften kurz, aber eindeutig ein. Einige führende Gewerkschaftsfunktionäre sollten „ihre Sprache mäßigen“ riet er. Insbesondere ver.di-Bundesvorsitzender Frank Bsirske sei „ein grüner Politiker, der die Zeichen der Zeit nicht verstanden hat“.
SPD-Generalsekretär und Hamburger Parteivorsitzender Olaf Scholz sieht das Reformkonzept „Agenda 2010“ durch die Regionalkonferenz bestätigt. Das Treffen habe erneut gezeigt, dass es „eine deutliche Mehrheit“ für die Vorschläge des Kanzlers gebe, erklärte Scholz nach der Veranstaltung. Er sei sich sicher, dass die Partei bei der Diskussion weitergekommen sei.
jörg fischer
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