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Archiv-Artikel

Schwimmen auf dem Trockenen

Gyrotonic verknüpft viele Elemente aus Gymnastik und Bewegungstraining nach einer neuen US-amerikanischen Methode – jetzt auch in Bremen. Dabei werden Muskeln gelöst und trainiert, ohne dass der Schweiß aus allen Poren tropft

Mit ihrem US-Zertifikat ist Marion Lange in Bremen Pionierin

Es klingt nach einem Getränk: Gyrotonic. Aber Gyrotonic kommt nicht im Glas daher – auch wenn es entspannt. Das in den USA entwickelte, neuartige Bewegungstraining lockert verkrampfte Muskeln, lässt Bewegungsabläufe flüssig und Wirbelsäulen biegsam werden. Ganz sanft und angenehm, mit Hilfe eines hölzernen Gerätes, werden gymnastische Bewegungen zu Land so leicht, als würden sie im Wasser ausgeführt. „Fließend sollen sie werden“, nickt Bewegungstrainerin Marion Lange. Nach zehn Sitzungen sollten Schmerzen aufhören, versichert sie. „Das ist mein Anspruch.“

Mit ihrem US-Zertifikat als staatlich anerkannter „Movement-Therapist“ ist Marion Lange in Bremen Pionierin. Selbst in Hannover hätte sie keine Konkurrenz. Nur in Hamburg gibt es schon Fitness-Studios, die auch Gyrotonics anbieten – eine Bewegungsmethode, auf die Lange vor rund neun Jahren stieß. Ausgelaugt von zwölf Jahren Arbeit als Krankenschwester hatte sie gerade eine Ausbildung zur Tanzpädagogin absolviert – und dann ein Stipendium für eine Tanzausbildung in New York bekommen. Ein idealer Einstieg, der ihr Zeit für Experimente bei Tanz und Bewegung gab.

Seit einem Jahr in Bremen verbindet sie mit ihrem neuen Beruf als Bewegungstherapeutin alle ihre Ausbildungen. Wieder hat sie mit Kranken zu tun. „Diesmal aber auf der anderen Seite“, lacht sie. „Nicht pflegend, sondern heilend.“ Und was den Tanz betrifft – Gyrotonic wird am Stuttgarter Ballet und in vielen Tanzensembles schon angewendet. Selbst in Kurkliniken wie im südbadischen Bad Krozingen hat das Bewegungstraining, das man als Gyrokinesis auch am Boden absolvieren kann, Einzug gehalten. Hier hat Marion Lange ihre Kenntnisse perfektioniert – beim Bruder des „Erfinders“ von Gyrotonic, Julius Horvath. Dessen Bruder Paul arbeitet in der Klinik. Als ambulante Heilbehandlung bezahlen die Krankenkassen Gyrotonic bislang allerdings nicht. „Noch nicht“, sagt Lange, doch sie klingt zuversichtlich.

Das Prinzip ihres Trainings, das sie auf die Beschwerden Einzelner abstimmt, ist einfach. Es koordiniert Atmung, Muskeln und Bewegung im ganzen Körper. Der kontrollierte Armschwung an der Maschine, verbunden mit Ein- und Ausatmen, mit Rücken senken und im Bogen wieder aufrichten, dürfte Rückengeschädigten mit Trainingserfahrung bekannt vorkommen – wäre da nicht die Maschine, die alles noch leichter macht. Und Marion Langes energische Hand, die die Leute in ihren Bewegungen dahin führt, „wo sie aus Bequemlichkeit alleine nicht gerne hingehen.“ Auch „Bauch-Beine-Po“-fixierte Fitness-Freaks brauchen ihr Repertoire bei Marion Lange nur zu erweitern: Auf Schultern und Rücken mindestens.

In 60 Übungsminuten lässt Marion Lange keinen Muskel ihrer PatientInnen aus, wenn die am Gerät die Arme kreisen oder Sit-Ups machen, die genau anders herum funktionieren als herkömmliche Gymnastik. Während bei traditionellen Trainings die Gewichte eher beschwerend an Beine oder Hände geschnallt werden, um extra anzustrengen, erleichtern Marion Langes Gewichte die Übung. Nach dem Flaschenzugprinzip hängen sie an Schnüren auf der einen Seite wie Pendel am Gerät, am anderen Ende werden sie mit dem Körper verbunden – so dass der Oberkörper für die Rumpfbeuge nach obern gezogen und ganz leicht wird. Wie Schwimmen auf dem Trockenen.

Eva Rhode

Kontakt: Marion Lange ☎ 0421-44 36 06