Wahlen im dritten Versuch

In Montenegro dürfte es jetzt endlich mit der Wahl eines Präsidenten klappen

BELGRAD taz ■ „Die können mich mal mit ihren Präsidentschaftswahlen“, sagt verärgert Božo Paunović, Eigentümer eines Fischrestaurants in der Küstenstadt Budva. Er denke nicht daran, an diesem Sonntag zu den Urnen zu gehen. Božo war überzeugter Wähler des Liberalen Bundes (LSCG), der sich für die Unabhängigkeit der kleinen Adriarepublik einsetzt. Als der LSCG im Machtkampf gegen das Regime von Milo Djukanović vor einem Jahr mit proserbischen, föderalistischen Parteien zu paktieren begann, zerriss Božo empört sein Parteibuch.

Durch den „Pakt mit dem Teufel“ verlor der LSCG viele Wähler. Es war der Preis für den Sieg bei den Kommunalwahlen in einigen Städten wie zum Beispiel in Budva, wo die „Sezessionisten“ und die „Föderalisten“ mit der Koalition „Gemeinsam für Veränderungen“ auftraten.

Aus diesem Grund hat Miodrag Živković, Präsidentschaftskandidat des LSCG, jetzt nur wenig Chancen auf den Sieg. Montenegro wählt jetzt zum dritten Mal in einem halben Jahr den Präsidenten. Zwei Versuche scheiterten an Wahlgesetzen, die eine Beteiligung von über fünfzig Prozent vorschrieben. Nach den neuen Gesetzen benötigt der Präsident nur noch eine einfache Mehrheit, und die Beteiligung entscheidet nicht mehr über die Gültigkeit der Wahl.

Živković rechnet auf die Unterstützung „aller Bürger, die gegen die kriminalisierte montenegrinische Gesellschaft sind“. Unermüdlich fuhr er von Dorf zu Dorf und warb um jede Stimme. „Montenegro muss sich endlich von der Diktatur des organisierten Verbrechen befreien“, donnerte er. Jede Stimme sei wichtig.

Der LSCG versucht sich vor seinen Anhängern reinzuwaschen nach seiner Koalition mit dem proserbischen Block, dessen Führer einst Slobodan Milošević unterstützten und versuchten seine Auslieferung an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu verhindern.

Der Kandidat der regierenden „Demokratischen Partei der Sozialisten“ (DPS), Filip Vujanović, kann laut Meinungsumfragen mit einem fast sicheren Sieg rechnen. Als amtierender Parlamentspräsident hat er bisher ohnehin nach den zwei gescheiterten Wahlen auch das Amt des Präsidenten ausgeübt. Siegessicher verläßt sich Vujanović ganz auf eine Medienkampagne. Die Regierung hat die wichtigsten elektronischen Medien fest in ihren Händen.

Die drei Parteien aus dem stärksten oppositionellen proserbischen Block sind untereinander zerstritten und haben keinen eigenen Kandidaten. Halbherzig riefen sie ihre Anhänger auf, für Živković und gegen die regierende „Mafia von Premier Milo Djukanović“ zu stimmen. Beide Kandidaten schließen eine Loslösung Montenegros aus der Staatengemeinschaft „Serbien und Montenegro“ nicht aus. Beide Kandidaten streben die Aufnahme in die EU an, sei es als selbstständiges Montenegro oder als Teil der Staatengemeinschaft mit Serbien, da lässt man versöhnlich mit sich reden. Zumindest scheint die Zeit der gefährlichen und emotional überhitzten Aufteilung in fanatische „Föderalisten“ und verbohrte „Sezessionisten“ vorbei zu sein.

ANDREJ IVANJI