: Kein Joint gegen die Schmerzen
Auch zur Krankheitstherapie darf kein Cannabis angebaut werden, befindet das Verwaltungsgericht Köln. Der Hauptwirkstoff stehe auch als verschreibungsfähiges Medikament zur Verfügung
VON PASCAL BEUCKER
Auch chronisch Kranke dürfen Cannabis für eigene therapeutische Zwecke nicht anbauen oder erwerben. Das hat jetzt das Verwaltungsgericht Köln entschieden. Damit wies es mehrere Klagen chronisch Kranker ab. Sie hatten erreichen wollen, dass das in Bonn ansässige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zur Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis nach dem Betäubungsmittelgesetz für die therapeutische Anwendung von Cannabis/Marihuana verpflichtet wird. Die fünf gescheiterten Kläger leiden an verschiedenen schweren chronischen Krankheiten wie Aids oder Multiple Sklerose. Sie hatten vor Gericht vergeblich geltend gemacht, dass sie mit dem Rauchen von Marihuana eine erhebliche Linderung ihrer Beschwerden erzielt hätten.
Einer von ihnen ist der Frührentner Michael Große, dessen Fall auch bereits bundesweit Aufmerksamkeit erregte. Der gelernte Elektroanlageninstallateur leidet seit 21 Jahren an Morbus Crohn, einer chronisch entzündlichen, in Schüben verlaufenden Erkrankung des Verdauungstraktes. Die Krankheit gilt als nicht heilbar, gängige Medikamente können die Schmerzen nur unzureichend lindern.
So hatte der in Berlin wohnende Große jahrelang vergebens versucht, blutige Durchfälle mit Antibiotika und Cortison in den Griff zu bekommen. Die Folge: rapider Gewichtsverlust, Abszesse am After und starkes Erbrechen. Nach eigenen Angaben stieß er dann 1996 auf Cannabis als Medizin. Mithilfe von Joints und Sitzbädern aus Cannabissud sei es ihm gelungen, die Beschwerden deutlich zu lindern.
Cannabis gehört wegen seiner psychoaktiven Wirkungen zu den Betäubungsmitteln, die nach den gesetzlichen Regelungen von Ärzten weder verschrieben noch an Patienten abgegeben werden dürfen. Der Erwerb oder der Anbau ist nur mit einer Ausnahmeerlaubnis des BfArM zulässig, die nur zu wissenschaftlichen oder anderen öffentlichen Zwecken erteilt werden kann.
Wie das Kölner Verwaltungsgericht in seinen heute bekannt gegebenen Entscheidungen geurteilt hat, lägen diese Voraussetzungen im Falle der fünf Kläger jedoch nicht vor. Nach Ansicht des Gerichts verstößt die gesetzliche Regelung, die eine Ausnahmegenehmigung für die Therapie einzelner Kranker nicht zulasse, auch nicht gegen Grundrechte der Kläger.
Als zumutbare Therapiealternative stehe der Hauptwirkstoff von Cannabis in einem verschreibungsfähigen Betäubungsmittel (Dronabinol) zur Verfügung, so die Verwaltungsrichter. Soweit die Kosten dafür von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen würden, sei es zumutbar, dass die Kläger einen etwaigen Anspruch auf Kostenübernahme vor den Sozialgerichten durchsetzten. Ein entsprechendes Verfahren eines der Kläger ist bereits beim Bundessozialgericht anhängig.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung seines Urteils hat das Verwaltungsgericht die Berufung zum Oberverwaltungsgericht in Münster zugelassen. Auch das dürfte nicht die letzte Instanz sein. Einer der Anwälte der unterlegenen Kläger hat bereits angekündigt, zur Not bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen zu wollen. (Az.: 7 K 1023/01, 7 K 1979/01, 7 K 8281/01, 7 K 36/02, 7 K 8135/02)