: Du brauchst Veränderung
Die Mediengruppe Telekommander macht eine Musik, die es eigentlich nicht mehr gibt. Sie bringt die Wut des Punk zurück und grundiert sie mit elektronischen Weltraumgeräuschen. Danach sind wir ein bisschen schlauer
Auf der Homepage der Mediengruppe Telekommander stehen sehr ekelhafte, zum Glück nicht sehr große Bilder. Sie zeigen einen Stier, der in einer Art Großraumbüro von Löwen gerissen wird. Am Ende liegt da nur noch ein Skelett. Die Löwen sind weg, an der Wand blinkt friedlich eine Schalttafel.
So deplatziert wie die Löwen im Großraumbüro wirkt auch die Musik der Mediengruppe Telekommander. In einer Zeit, in der Gut-Verdienen und Links-Sein (wir können es uns ja leisten) keine Widersprüche mehr sind, halten sie unbeirrt die alten Feindbilder hoch. Früher haben sie ihren Hass auf die Yuppies herausgebrüllt, auf ihrer letzten Platte MTK 02 röhren sie: „Vorsicht, ein Trend geht um, du brauchst Veränderung!“
Das ist nicht unbedingt lustig gemeint, sondern zielt genau in die Mitte der Spaßgesellschaft, auf die Leute, die sich Che Guevara-T-Shirts anziehen, weil sie es chic finden. Bestimmt ist die Mediengruppe Telekommander auf Orte wie das Schanzenviertel, an dem die Werberagenturleute die Junkies verdrängen, schlecht zu sprechen.
Ihre Musik klingt, als würden sie am liebsten Molotowcocktails werfen. Der Verstärker leicht übersteuert, ein wummernder, monotoner Beat, dazu fiese elektronische Störgeräusche. Gemütlichkeit kommt da gewiss nicht auf. Man fühlt sich an alte Punkbands erinnert, an die große Wut, die da war, bevor die allgemeine Abgeklärtheit kam.
Lange her, dass man so etwas gehört hat. Sah auch nicht danach aus, als würde es wieder kommen. Aber vielleicht ist die Zeit des Taktierens vorbei. Vielleicht ist sie reif für klare, unmissverständliche Botschaften. Die Mediengruppe Telekommander stellt die entscheidenden Fragen, als da wären: Welches Leben führen wir eigentlich? Und ist das richtig so?
Beim genaueren Hinhören merkt man auch, dass in die Musik der beiden Telekommander aus Wien und Berlin noch viele andere Dinge reingeschmuggelt worden sind. Ein bisschen Science Fiction, eine gewisse Roboterhaftigkeit. Vielleicht kommen sie von einem fernen Planeten, um uns in unseren Großraumbüros den Marsch zu blasen. Wäre nicht die schlechteste Mission. Daniel Wiese
Heute, 21 Uhr, Tanzhalle St. Pauli