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ILLEGALE KAPITALEINKÜNFTE GEHÖREN BEKÄMPFT WIE SCHWARZARBEIT Die heimlichen Gewinner

Erst wenn die Regierenden ihre Gesetze ernst nehmen, werden sie auch von den Bürgern ernst genommen. Diese Ermahnung hat das Bundesverfassungsgericht gestern in sein Urteil zur Spekulationssteuer auf Aktiengewinne verpackt. 1997 und 1998 sei es verfassungswidrig gewesen, Steuern auf den Gewinn aus Aktienverkäufen zu erheben, erklärten die Richter. Sie gaben dem Kläger mit der Begründung Recht, mangels Kontrollmöglichkeiten hätten die Finanzämter keine Chance gehabt, Steuerhinterzieher zu verfolgen. Betrug war theoretisch zwar strafbar, blieb praktisch aber folgenlos. Selbst schuld, wer seine Spekulationserlöse versteuerte.

Mit der Aufforderung, die Gesetze auf alle Bürger in gleicher Weise anzuwenden, gibt das oberste Gericht einen Hinweis für die aktuelle Steuerdiskussion. Die Frage lautet: Wie können Profite aus Kapitalvermögen – Aktiengewinne, Zinsen, Dividenden – im Inland besteuert werden, wenn die Besitzer ihre Guthaben ohne große Schwierigkeiten ins Ausland schaffen, wo sie vor Steuerzahlung geschützt sind? Die Abgaben so lange zu senken, bis die Kapitalbesitzer ihre Millionen gnädig heimholen, wäre die falsche Antwort. Dann würden sich die von Lohn und Gehalt Abhängigen ungerecht behandelt fühlen, weil sie mehr Steuern auf ihren Lohn zahlten als die Vermögenden auf ihre Aktienpakete. Die niedrige Abgeltungssteuer, die Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) vorgeschlagen hat, passt deshalb nicht in die Welt. Ebenso falsch wäre es, das in deutschen Depots liegende Kapital zu schonen, indem das Bankgeheimnis weiterhin erhalten bleibt. Zwar wird das Schweigegelübde der Banken bis 2005 weitgehend gebrochen, doch muss der Staat auch Geld und Personal liefern, um die Kontrollmöglichkeiten auszuüben.

Es ist nicht einfach, Steuerschlupflöcher im Ausland zu stopfen. Aber das darf nicht als Vorwand dienen, im Inland ein Auge zuzudrücken. Dies würden viele Leute zu Recht in den falschen Hals bekommen – nach dem Motto: Unsere Schwarzarbeit verfolgt ihr, die Millionäre dagegen lasst ihr ungeschoren davonkommen. HANNES KOCH