Parkverbot fürs Fahrrad

Nachdem er vergebens versucht hat, den Bahnhofsvorplatz von wild parkenden Rädern freizuhalten, strebt der Lüneburger Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD) jetzt eine Änderung der Straßenverkehrsordnung an. ADFC gegen weitere Regeln

von GERNOT KNÖDLER

Der Lüneburger Oberbürgermeister Ulrich Mädge ist für einen schönen Bahnhofsvorplatz bis vors Bundesverwaltungsgericht gezogen. Weil absehbar war, dass er vor Gericht scheitern würde, betreibt er seit einiger Zeit eine Änderung der Straßenverkehrsordnung. Sein Ziel, das sich auch der Deutsche Städtetag zu eigen gemacht hat: die Möglichkeit, ein Parkverbot für Fahrräder auf Gehwegen und Plätzen auszusprechen. Oberbürgermeister Mädge hatte dafür ein Verbotsschild kreiert und Fahrräder abschleppen lassen – eine Praxis, die ihm in letzter Instanz vom Bundesverwaltungsgericht untersagt wurde.

Lüneburg ist eine Stadt für Fahrradfahrer. 1990 beschloss der Rat einen Verkehrsentwicklungsplan, der dem Fahrrad sowie Bussen und Bahnen Vorrang vor dem Auto einräumt. Die Verwaltung ließ Radwege bauen, Radstreifen abmarkieren und ermöglichte Radlern das Befahren von Einbahnstraßen in Gegenrichtung.

Eine fahrradfahrerfreundlich gedachte Neuerung gibt allerdings seit Jahren Anlass zu Streit: Das Fahrrad-Parkhaus am Bahnhof. Der rot-grün dominierte Stadtrat verband es mit der Hoffnung, es würde den neu gestalteten Bahnhofsvorplatz von Fahrrädern frei halten.

Tatsächlich stehen, seitdem es den Radspeicher gibt, nicht mehr 800 sondern nur noch 130 Fahrräder auf dem Lüneburger Bahnhofsvorplatz. Der Stadtverwaltung war das immer noch zuviel, schließlich hatte sie den Vorplatz für viel Geld verschönern lassen.

„Wir haben einen Fehler gemacht“, sagt Mädge ironisch. „Wir haben Bäume und Lampen aufgestellt.“ An diese wurden weiterhin Räder angeschlossen. Mädge ließ Schlösser knacken und Fahrräder abtransportieren. Wer seinen Drahtesel wiederhaben wollte, musste ihn mit 15 Euro auslösen. Dem Radler, der dagegen klagte, muss die Stadt die Summe erstatten.

„Wir wussten, das ist rechtlich eine Gratwanderung“, räumt Mädge ein. Allerdings könne er nicht verstehen, dass nicht alle Radler das mit viel Geld und der Zustimmung des Radlerverbandes ADFC gebaute Parkhaus nutzten. Zwei Millionen Euro habe es gekostet – halb soviel wie der Bau des Auto-Parkhauses am Bahnhof vor knapp zehn Jahren – 100.000 Euro Zuschuss zahle die Stadt im Jahr.

Für die vielen Pendler, die ihr Fahrrad am Bahnhof lassen, liege das Fahrradparkhaus optimal, findet dessen Betreiber Malte Meyers. „Der direkteste Weg ins Bahnhofsgebäude führt an uns vorbei.“ 80 Cent kostet das bewachte Unterstellen für einen Tag, neun Euro im Monat, 75 Euro im Jahr, das Semesterticket 19,50 Euro. Für diejenigen, die sich nur mal eben eine Zeitung kaufen wollten, gebe es kostenlose Kurzzeitparkplätze. Während ihre Kunden in Hamburg arbeiten, reparieren Meyers und seine sechs Kollegen die Räder.

Dass weiterhin Räder auf dem Vorplatz abgestellt werden, hält Meyers für eine „absolute Rücksichtslosigkeit“. Den meisten gehe es bloß darum, ein paar Cent zu sparen. Dafür behinderten sie Busse, Behinderte und Kinderwägen. Manche der Räder gammelten wochenlang vor sich hin. „Nur weil es kein Gesetz gibt, können nicht alle machen, was sie wollen“, findet Meyers.

An der Straßenverkehrsordnung herumzubasteln, könne ungeahnte Weiterungen nach sich ziehen, warnt Wilhelm Hörmann vom ADFC-Bundesverband in Bremen. Demnach müssten Fahrräder eigentlich auf der Fahrbahn abgestellt werden. „An sich sind Gehsteige Fußgängern vorbehalten“, sagt er. Allerdings verbietet es die Straßenverkehrsordnung auch nicht, Räder auf Gehsteigen zu platzieren. „Ich befürchte, dass wir mit einer immer weitergehenden Reglementierung nicht weiterkommen“, sagt Hörmann und plädiert dafür, mehr um Verständnis zu werben.