So löchrig wie ein Golfplatz

Im Bundeshaushalt fehlt noch mehr Geld als bisher angenommen. Weitere Löcher sind zu erwarten, weil Eichel immer noch zu optimistisch ist. CDU bohrt in den Wunden

BERLIN taz ■ Mit seinem Eingeständnis, bis 2006 keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können und damit die Zielvorgabe des Stabilitätspakts zu verfehlen, ist Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) der Wahrheit näher gekommen. Erreicht hat er sie noch nicht. Unter anderem die Zahlen der neuen Steuerschätzung deuten darauf hin, dass das Loch im Bundeshaushalt noch größer ausfallen wird, als das Finanzministerium einräumt.

Es sei bis 2006 nicht mehr zu schaffen, in den öffentlichen Haushalten im Wesentlichen ohne neue Schulden auszukommen, hatte Eichel am Wochenende gesagt.

Währenddessen wächst sich die Misere im laufenden Haushaltsjahr 2003 weiter aus. Die Steuerschätzer, die morgen und übermorgen die Einnahmen hochrechnen, prognostizieren rund 3,3 Milliarden Euro Mindereinnahmen für den Bundeshaushalt. Für Bund, Länder und Gemeinden zusammen gehen sie von einem zusätzlichen Fehlbetrag von etwa 10 Milliarden Euro aus.

Freilich spiegelt die Steuerschätzung nur einen Teil der Einnahmeverluste wider. CDU-Finanzpolitiker Dietrich Austermann schätzt, dass Eichel eine weitere Milliarde Euro aus dem gescheiterten Steuersubventionsgesetz fehle. Außerdem sei es unwahrscheinlich, dass aus der Reform der Zinsbesteuerung wie erwartet etwa 2 Milliarden zusätzlich fließen. Die Einnahmeausfälle summieren sich damit auf 6,3 Milliarden Euro.

Hinzu kommen mehr Ausgaben. Wegen der schlechten Wirtschaftslage könnte die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg einen Zuschuss von bis zu 7 Milliarden Euro benötigen. Auch für die Arbeitslosenhilfe, die er direkt aus seiner Kasse bezahlt, muss der Finanzminister bis zu 4 Milliarden Euro mehr aufwenden. CDU-Finanzpolitiker Austermann rechnet zusammen und kommt auf einen zusätzlichen Fehlbetrag von rund 18 Milliarden Euro. Die gesamte Neuverschuldung in diesem Jahr würde damit 37 Milliarden Euro betragen – und meilenweit über Eichels Haushaltsansatz von 18,9 Milliarden liegen.

Dies sind keine guten Vorzeichen für 2004. Wie schon dieses Jahr setzt Eichel alles daran, das Defizitkriterium von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts dann wieder einhalten zu können. Doch mit jeder Milliarde mehr im Haushaltsloch 2003 rückt dieses Ziel in weitere Ferne.

Die Hoffnungen in der rot-grünen Koalition, dem Defizitkriterium 2004 gerecht zu werden, schwinden dementsprechend. Die Berechnungen beruhen bisher auf der vermutlich zu hohen Wachstumserwartung von 2 Prozent. „Eine ehrgeizige Ziffer“, heißt es dazu in der Grünen-Fraktion.

Auch für dieses Jahr leistet sich der Finanzminister noch eine kleine Unschärfe: Eichels Prognosen beruhen immer noch auf der Annahme, dass die Wirtschaft dieses Jahr um 0,75 Prozent wachsen werde. Die Wirtschaftsforscher gehen jedoch mehrheitlich von 0,5 Prozent aus. Weitere Mindereinnahmen bei der Steuer sind die Konsequenz. HANNES KOCH