: Verdi weiter virtuell
Landesarbeitsgericht entscheidet gegen Commerzbank. Im Intranet darf Betriebsrat nicht zensiert werden
HAMM/DORTMUND taz ■ Das unternehmensinterne Intranet kann vom Arbeitgeber nicht zur gewerkschaftsfreien Zone erklärt werden. Es ist mit einem digitalen „Schwarzen Brett“ in einem Betrieb zu vergleichen, auf dem der Belegschaft auch gewerkschaftliche Positionen und Forderungen zugänglich gemacht werden können. Dies hat am Freitag die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG) in Hamm im Intranet-Streit zwischen der Commerzbank AG und dem Betriebsrat ihrer Regionalfiliale in Dortmund entschieden.
Für das Gericht war es komplett unvertretbar, dass der Arbeitgeber wegen der Veröffentlichung von Forderungen der Gewerkschaft ver.di während der Tarifauseinandersetzung im Jahr 2002 die entsprechende Intranet-Seite des Betriebsrates gelöscht hat. Dies sei eindeutig eine Behinderung der Betriebsratsarbeit und komme einer Zensur gleich, so der Vorsitzende der 10. Kammer.
Seit Jahresende 2001 befindet sich im Commerzbank-Intranet (COMNET) ein Unterverzeichnis „BR und ver.di“, das vom Dortmunder Betriebsrat eingestellt wurde. Während der Tarifauseinandersetzung im Bankgewerbe im Jahr 2002 erschien auf dieser Seite der ver.di -Artikel „13 Gehälter sollen am Horizont durchschimmern“, der auch einen Aufruf zum Gewerkschaftsbeitritt enthielt. Wegen der laufenden Tarifauseinandersetzungen nahm der Arbeitgeber Anstoß an diesem Intranet-Beitrag und forderte den Betriebsrat auf, ihn aus dem Netz zu nehmen. Als sich der Betriebsrat weigerte, sperrte die Commerzbank einfach die ganze Seite.
Die 10. Kammer bezog auch Stellung zum Inhalt einer Betriebsratsseite im Intranet. So seien wegen der Neutralitätspflicht des Betriebsrates bei der Übernahme von gewerkschaftlichen Themen und Standpunkten ins Intranet gewisse Grenzen einzuhalten. Der Betriebsrat dürfe auf seiner Seite etwa keine Mitgliederwerbung für die Gewerkschaft betreiben oder zum Streik aufrufen. Davon unberührt bleibe jedoch der Grundsatz, dass sich ein Betriebsrat bei der Erfüllung seiner Informationspflicht gegenüber der Belegschaft auch gewerkschaftlicher Unterstützung bedienen könne, heißt es zur Beschluss-Begründung.
Die Commerzbank hatte in der Berufungsverhandlung vor dem LAG eine gütliche Einigung abgelehnt. Sie vertrat den Standpunkt, dass sie dem Betriebsrat das Intranet zur Verfügung gestellt habe, aber nicht der Gewerkschaft. Sie wolle verhindern, dass über den Umweg des Betriebsrats das Intranet zum Sprachrohr der Gewerkschaft werde. Eine Revision gegen die Entscheidung des LAG wurde nicht zugelassen.
(AZ: 10 TaBV 161/03)
KLAUS BRANDT