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thilo weichert, datenschutzbeauftragterDer auf die Daten aufpasst

„Die Themen im Datenschutz gehen nie aus, das ist das Schöne“, sagte Thilo Weichert in einem Interview im vergangenen Jahr. „Es werden immer mehr angeboten, als wir abhandeln können.“ Zur Ehrenrettung des obersten Datenschützers in Schleswig-Holstein sei gesagt: Viele Themen entgehen ihm nicht.

So kanzelte er jüngst die Internetseite Rottenneighbor.com, auf der jeder anonym und ungeprüft über jeden schimpfen darf, als „dummdreist“ und unseriös ab und meldete sich beim Streit um die flächendeckende Erfassung von Städten durch den Google-Dienst „Street View“ zu Wort. Auch einen großen Datenskandal im August trat Weichert los: Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein leitete dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD), dessen Leiter Weichert ist, eine CD mit den persönlichen Angaben von 17.000 Personen weiter, die aus einem Lübecker Callcenter stammte. Die Daten deuteten auf die Süddeutsche Klassenlotterie hin, im Callcenter wurden sie benutzt, um Kunden zielgenau ansprechen zu können.

Das Landeszentrum für Datenschutz mit Sitz in Kiel wurde 2000 als eigenständige Anstalt gegründet. Es berät in Einzelfragen, kontrolliert den Umgang mit Daten in Landesbehörden und erteilt Zertifikate, mit denen Firmen nachweisen können, dass sie Datenschutzbestimmungen einhalten. Das Angebot gilt über Schleswig-Holstein hinaus – prominentester Kunde ist die Firma Microsoft, die im Februar 2007 das Kieler Gütesiegel erhielt.

Als Gesprächspartner ist Weichert bundesweit gefragt. Zweimal war er für den Posten des Bundesdatenschutzbeauftragten im Gespräch, 2003 und zuletzt im Oktober dieses Jahres. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) brachte Weichert als Nachfolger von Peter Schaar ins Gespräch. Angesichts der aktuellen Datenskandale sei es Zeit für einen Neuanfang, so der BDK-Vorsitzende Klaus Jansen zur Neuen Osnabrücker Zeitung: „Mir fällt da im Moment nur einer ein: Thilo Weichert.“ Schaar wurde wiedergewählt – zu seiner zweiten und letzten Amtsperiode. Weichert muss sich im kommenden Jahr in Schleswig-Holstein der Wiederwahl stellen. EST

THILO WEICHERT, 53, wehrt sich gegen „Rottenneighbor“ und „Google Street View“ FOTO: LANDESZENTRUM FÜR DATENSCHUTZ

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