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Archiv-Artikel

Neuzugang in der Kulturstadt

Jezt ist es amtlich: Simone Young wird 2005 Generalmusikdirektorin in Hamburg, wo sie das Verhältnis zwischen Kunst und Politik optimistischer stimmend findet als im Rest der Welt

von ALEXANDER DIEHL

„Gleich gibt es eine Überraschung“, stellte die Kultursenatorin in Aussicht. Es folgte ein Kurzauftritt von Hamburgs Erstem Bürgermeister Ole von Beust – vielleicht ja, um zu unterstreichen, dass kulturelle Dinge in Hamburg keine Nebensachen sind? Manchem freilich dürfte es bereits überraschend genug erschienen sein, dass Dr. Horáková geladen hatte, um einmal Erfolge mitzuteilen. Denn während die Senatorin und ihr Haus bislang eher ein zweifelhaftes Händchen für Personalien unter Beweis gestellt hatte, erfüllte sie die gestern unter Dach und Fach gebrachte Verpflichtung von Simone Young als zukünftiger Generalmusikdirektorin und Opernintendantin mit einiger Genugtuung.

Überraschend harmonisch seien die zweimonatigen Verhandlungen für den Fünfjahresvertrag verlaufen, so Horáková, „also gut“. Mit der 42-jährigen Australierin Young komme „eine Ausnahmekünstlerin von Weltrang“ nach Hamburg, wo sie „ihre Perspektiven für eine grandiose künstlerische Zukunft“ sehe. Allerhand Gutes war Young in Aussicht gestellt worden: ein weniger als geplant verringerter Betriebszuschuss für die Oper, die Übernahme der jährlichen Tarifsteigerungen bis 1,5 % und sogar eine Wiederbesetzung von bis zu fünf Orchesterstellen bis zur Spielzeit 2007/2007. Angeblich allesamt Rahmenbedingungen, die auch Ingo Metzmacher bekommen hätte, so die Senatorin, „wenn er ernsthaft mit uns verhandelt hätte“.

Nicht zuletzt erhofft sich die Senatorin vom Engagement Youngs, „dass sich das künstlerische Klima in der Hansestadt verbessert“. Im Folgenden freilich lieferten Horáková, Young sowie der ebenfalls neu verpflichtete Operndirektor Josef Hussek Einschätzungen zum Stand der Dinge, denen zufolge es kaum einer solchen Verbesserung bedürfte: Denn während es überall sonst auf der Welt schlecht stehe um die Künste und ihre Förderung, sei hier doch sichtlich „der Wille da“, so Young. „Hamburg ist eine bedeutende Kulturstadt mit einer ungebrochenen Tradition der Oper.“

Auch Hussek wusste zu berichten, Hamburg sei doch durchaus attraktiv für hochkarätige Künstler und Solisten. Derzeit künstlerischer Betriebsdirektor der Salzburger Festspiele, mag Hussek wissen, wovon er spricht: Von 1988 bis 1997 war der gebürtige Wiener Leiter des künstlerischen Betriebsbüros der Hamburgischen Staatsoper.

Die neue Personalkonstellation markiert einen nicht unbedeutenden Umbau der Opernführung: Young vereint in ihrem Amt die künstlerische Hoheit mit einer Geschäftsführungsfunktion, die zunächst, bis zum Ende der Ära Metzmacher/Langevoort, ausschließlich beim kaufmännischen Opern-Geschäftsführer Detlef Meierjohann liegt. Diese Zusammenführung von Kunst- und Geschäftsdingen ist im Sinne der zuständigen Behörde: Ab 2005 werde „die künstlerische Leitung wieder in die Geschäftsführerverantwortung genommen“, so Horáková.

Ein Schelm, wer in dieser Melange eine Sollbruchstelle im gemeinsamen Weg der Hamburgischen Kulturlandschaft und Simone Youngs wähnt: Nicht zuletzt Budgetfragen sollen Young veranlasst haben, ihr derzeitiges Engagement an der Australian Opera nicht zu verlängern.