besteuerte vergnügen
: Geil: eine Freudensteuer

Äpfel und Birnen sollen ja nicht miteinander verglichen werden. Auch nicht Waschzeiten bei den Wasserbetrieben und Sex auf Quittung in den Berliner Bordells. Da aber gestern der Berliner Rechnungshof nun mal die Zahlen auf den Tisch legte, liegt es nahe, sich doch mal einige allgemeinere Gedanken zum Thema Geld zu machen. So soll laut Kassenprüfern die Landesregierung im Jahr 2001 aufgrund schlechter Haushaltsführung 231 Millionen Euro verschleudert haben. Eine Summe, mit der dieser Senat nicht gerade seine Ernsthaftigkeit in der Sparpolitik untermauert. Diese Summe entspricht in etwa dem jährlichen staatlichen Zuschuss, den eine Berliner Uni bekommt. Jeder verschleuderte Cent ist daher ärgerlich. Da sind etwa die 15-minütigen Waschzeiten, die bei den Angestellten der Wasserbetriebe als zusätzliche Pausen gelten. Beläuft sich jährlich auf 78 Vollzeitstellen und damit auf 3,5 Millionen Euro zusätzlicher Personalkosten. Etc. pp.

Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF

Tröstlich, dass dem politischen Kreativpersonal die Fantasie, wo neues Geld herkommen könnte, nicht ausgeht. Was sich beim Liegenschaftsmanagement wohl nicht einsparen lässt, könnte doch – was liegt näher – das horizontale Gewerbe ranschaffen? Köln, als altes Erzbistum erfahren im Ablasshandel, macht es vor: Vergnügungssteuer für Bordelle und Sexshops. Non olet, wie sauber! SPD und PDS finden, die „Besteuerung allzu menschlicher Freuden“ habe regelrecht Potenzial. Da mag die Berliner FDP mal ausnahmsweise Recht haben: Selbst zu Sex fällt Rot-Rot nur eines ein: Steuern! Denn was sich wirklich in der Stadt untenrum abspielt, davon haben sie offensichtlich keine Ahnung. Hätten sie sie, gäbe es – dem Beispiel der Zweitwohnungsteuer folgend – die Zweitpartnersteuer. Bordelle, das sind Etablissements für einsame Workaholics. Berliner aber sind arbeitslos und kontaktfreudig. Jüngste Umfragen zeigen: allein in Ostberlin gehen 40 Prozent der BerlinerInnen fremd!