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Ein bisschen weniger ausbeuten

Auf öffentlichen Druck hin kümmern sich immer mehr Unternehmen um soziale Mindeststandards bei Zulieferern. Nun geben die Vorreiter einen Leitfaden heraus

BERLIN taz ■ Der jahrelange öffentliche Druck auf Konzerne, gerechtere Arbeitsbedingungen umzusetzen, zeigt Wirkung. Einige Firmen wie Karstadt, Quelle und Metro, die sich schon länger um Sozialstandards in ihren Zulieferfirmen in Schwellen- und Entwicklungsländern bemühen, haben nun einen Leitfaden verfasst: Den „Ratgeber Verhaltenskodizes zu Sozialstandards“. Damit wollen sie ihre Erfahrungen an kleine und mittelständische Unternehmen weitergeben. Der Ratgeber entstand unter der Federführung von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), die es sich nicht nehmen ließ, ihn gestern in Berlin vorzustellen.

Entstanden ist der Ratgeber am „Runden Tisch Verhaltenskodizes“. Dort treffen sich seit vier Jahren Firmen, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen, um die freiwilligen Sozialstandards zu fördern. Wieczorek-Zeul gab sich mit dem Ergebnis zufrieden: „Diese Verhaltenskodizes für Sozialstandards sind ein wichtiger Beitrag, Menschenrechte weltweit zu verankern.“

Die Regeln, denen sich die Unternehmen verschrieben haben, orientieren sich an den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation. Diese fordern etwa, dass ohne Kinder- und ohne Zwangsarbeit produziert wird, dass Arbeitnehmer ein Recht auf Versammlungsfreiheit und Lohnverhandlungen haben und dass Arbeitszeiten angemessen und Löhne existenzsichernd sind.

„Ein Drittel unserer Konsumgüter wird außerhalb der EU, vorwiegend in Asien, hergestellt“, sagte Jan Eggert, Geschäftsführer der Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels gestern bei der Präsentation des Ratgebers. „Bei Textilien ist es sogar die Hälfte.“ Da immer mehr mittelständische Unternehmen auf diesen Markt drängten, schließe der Ratgeber „eine wichtige Lücke“. So ist in der Broschüre nachzulesen, wie Karstadt oder Puma an Produktionsstätten in Entwicklungsländern oder mit dortigen Zulieferern freiwillige Sozialstandards vereinbart haben.

Von den Ansprüchen an einen fairen Handel, wie ihn etwa das Fair-Trade-Siegel zertifiziert, sind diese freiwilligen Verhaltenskodizes jedoch weit entfernt. Dafür wären etwa langfristige Lieferverträge sowie mehr Transparenz und Mitbestimmung für Arbeiter notwendig. „Auch sind sie kein Ersatz für Tarifverhandlungen“, urteilte Reinhard Hermle von Venro, dem Dachverband entwicklungspolitischer Initiativen.

Gewerkschafter und Entwicklungsverbände fordern zudem, dass diese Standards nicht freiwillig bleiben. Sie verlangen völkerrechtlich bindende Konventionen. Bis dahin sei es nötig, strikte Kontrollen sowie Belohnungs- und Sanktionsmechnismen zu etablieren. „Freiwillige Verhaltenskodizes bleiben sonst Lippenbekenntnisse, die lediglich der Imagepflege dienen“, sagte Hermle. KATRIN EVERS

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