: Unattraktives Hamburg
Das „Tor zur Welt“ gibt die Zielvorgabe aus, AusländerInnen den Aufenthalt möglichst unangenehm zu gestalten. Schill bekommt Zuständigkeit für Unterbringung
Das Ziel wird neu definiert. Der Aufenthalt von Flüchtlingen in Hamburg soll ab dem Sommer so ausgestaltet sein, dass „Hamburg speziell für die illegale Einwanderung zunehmend unattraktiver wird“. Das schreibt der Senat in seinem Konzept für die zentrale Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA) auf dem Wohnschiff Bibby Altona, die völlig neu gestaltet werden soll. Wichtigste Neuerung: Die ZEA wird der Innenbehörde von Ronald Schill unterstehen – und nicht länger nach sozialen Erfordernissen, sondern explizit „ordnungspolitisch ausgerichtet“ sein. Dieses Wochenende protestieren antirassistische Gruppen und Menschenrechtsorganisationen mit Demonstrationen und Aktionen gegen die Senatspläne.
Für die Umsetzung des Konzeptes fehlt nur noch die Zustimmung der Deputation, die im Juni erfolgen soll. In der neuen ZEA werden dann sämtliche Zuständigkeiten für die Flüchtlinge gebündelt, Versorgung und ausländerrechtliche Kontrolle liegen in einer Hand. In das Lager ziehen Abteilungen der Ausländerbehörde und BeamtInnen des Landeskriminalamtes (LKA) mit ein. Die Flüchtlinge werden von ihrer Einreise an Tür an Tür mit ihren Abschiebern leben. „Sie werden jederzeit polizeilichen Kontrollen, Durchsuchungen, Verhören und Zugriffsmöglichkeiten ausgesetzt sein“, prophezeit der Flüchtlingsrat.
Aus jeder Zeile des Konzeptes spricht das Ziel, den Aufenthalt von AusländerInnen möglichst kurz und unangenehm zu gestalten. Konsequent wird das Sachleistungsprinzip durchgeführt, das heißt: Die Flüchtlinge bekommen ihre Sozialhilfe nicht ausgezahlt, sondern sind auf die Verpflegung auf der Bibby Altona angewiesen. Von Sozialberatung ist keine Rede mehr, nur von „Rückkehrberatung“. Und durch die gebündelte Sachbearbeitung in der ZEA und die dadurch „verbesserte Möglichkeit der Feststellung von Identität und Einreiseweg“ verspricht sich der Senat zugleich die „verbesserte Möglichkeit der Aufenthaltsbeendigung“.
Laut Burkhard Leber vom Hamburger Arbeitskreis Asyl werden durch die Senatspolitik „demokratische Grundprinzipien und internationale Konventionen einer Logik geopfert, die Flüchtlinge zu ordnungs- und sicherheitspolitischen Störfaktoren umdefiniert“. Andere Bundesländer dienen als Beispiele dafür. Auch in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Bayern gibt es entsprechende Ausreisezentren. Das erklärte Ziel, die Flüchtlinge darin zur unmittelbaren Wieder-Ausreise zu bewegen, wird aber offenbar nicht erreicht: In Niedersachsen tauchen rund 53 Prozent aller dort eingewiesenen Flüchtlinge in die Illegalität ab. ELKE SPANNER
Heute von 10-16 Uhr Aktionen in der Ottensener Hauptstraße, 15 Uhr von dort Demonstration. Sonntag: 14 Uhr bis 20 Uhr Programm auf dem Altonaer Balkon