: Ein Abgang ohne gute Gründe
Bei einem Auszug der Krankenstube für Obdachlose verliert das Gesundheitszentrum St. Pauli auf dem ehemaligen Hafenkrankenhaus-Gelände sein Herzstück
Es ist ein Abgang mit weit reichenden Konsequenzen: Im kommenden Juni verlässt mit der Krankenstube für Obdachlose ein Herzstück des Gesundheitszentrums St. Pauli den Stadtteil. Da Ersatz an gleicher Stelle nicht vorgesehen ist, droht sich das Gesamtkonzept des auf dem Gelände des früheren Hafenkrankenhauses beheimateten Gesundheitsverbundes in Luft aufzulösen. Doch die Fakten, die zum Abgang der von der Caritas betreuten Einrichtung führen, existieren laut Vermieter nicht mehr. Ist alles am Ende nur ein großes Missverständnis?
Zwei Gründe nennt die Caritas, warum sie den Betrieb der Einrichtung, die sich um kranke Obdachlose kümmert, in St. Pauli nicht weiter gewährleisten kann. Rund 45.000 Euro Jahresmiete könne sich der christliche Wohlfahrtsverband, der jährlich 200.000 Euro Eigenmittel in das Zentrum pumpt, nicht länger leisten, weiß der zuständige Abteilungsleiter Dieter Ackermann. Nach einem nun geplanten Umzug der Krankenstube in die Bürgerweide am Berliner Tor werde man „in zehn Jahren rund 200.000 Euro sparen“, hat Ackermann ausgerechnet: „Bei diesen Zahlen gibt es für uns keine Alternative.“
Zudem würden behördliche Feuerschutzbestimmungen den Einbau einer Fluchttreppe oder teure Brandschutztüren in dem ehemaligen Haus 2 des Hafenkrankenhauses vorschreiben. „Unser Vermieter, die Stadterneuerungsgesellschaft (Steg), hat uns signalisiert, dass er das nicht finanzieren kann.“
Doch dieses Problem ist laut Steg-Sprecher Rüdiger Dohrendorf „definitiv vom Tisch“. Die Bauprüfabteilung habe „ihre Brandschutzbedenken zurückgezogen und fordert nun keine Nachbesserungen mehr“. Dohrendorf betont, dass die Krankenstube „bereits Mietsonderkonditionen hat, bei denen für uns wenig Luft“ ist. Da die Steg die Einrichtung „gerne vor Ort halten“ würde, seien aber hier „Gespräche jederzeit möglich“.
Doch dazu ist es möglicherweise bereits zu spät. Der neue Mietvertrag ist unter Dach und Fach, der Umzug des Zentrums an die Bürgerweide bereits geplant. „Für uns ist die Sache durch“, betont Ackermann.
Die „Bürgerinitiative St. Pauli: Ein Stadtteil steht auf“ und die im Gesundheitszentrum angesiedelten Sozial-Einrichtungen aber haben die Hoffnung nicht aufgegeben, die Krankenstube auf dem ehemaligen Klinikgelände noch zu retten. Sie fordern die Steg auf, die Caritas zum Bleiben zu bewegen oder einen neuen Träger für die Obdachlosen-Anlaufstelle zu suchen.
Unterstützung dafür signalisiert auch die GAL. Ihr Neu-Bürgerschaftsabgeordneter Claudius Lieven, selbst ehemaliger Steg-Mitarbeiter, nimmt „die Stadt und die Steg“ ins Gebet, „alles zu tun, um die Krankenstube im Kontext des Gesundheitszentrums zu erhalten“.
Sollte die Caritas abwandern, sind Alternativ-Betreiber für die Einrichtung nicht in Sicht. „Wir haben da keine keine Träger, die das anbieten, verhandeln deshalb mit gewerblichen Interessenten über eine ganz andere Nutzung“, gibt Steg-Sprecher Dohrendorf preis. Marco Carini