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Archiv-Artikel

Firmen Fördern und Fordern

Beim Besuch des Gelsenkirchener Vaillantwerkes regt NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) an, bei Förderungen von Umwelttechnologien auch Standortzusagen zu verlangen

AUS GELSENKIRCHEN MANFRED WIECZOREK

Menschenkette, Autokorso, Unterschriftenlisten und viele weitere Aktionen haben das Aus für die Wandgerätefertigung des Heizgeräte-Herstellers Vaillant in Gelsenkirchen nicht verhindern können. Auch Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) wird keinen Arbeitsplatz retten können. Beim Besuch des Vaillantwerkes am Wochenende kündigte Höhn zwar an, weiter Umwelttechnologien zu fördern, sagte aber auch mit Blick auf Vaillant: „Wir werden darüber nachdenken müssen, wie die Förderungen an Auflagen für die Unternehmen gekoppelt werden können, um die Effekte im Land zu halten“. Das Werk schreibt schwarze Zahlen, trotzdem sei das letzte Wort gesprochen, so Unternehmenssprecher Ebrulf Zuber. Die Fertigung werde in Remscheid konzentriert. Laut Betriebsrat nur ein Schritt auf dem Weg nach Osteuropa. Die Gespräche über Sozialplan und Interessenausgleich haben bereits begonnen. Dabei möchte der Betriebsrat so viel wie möglich für den Standort herausholen und hofft auf die Hilfe der Politik.

Betriebsrat Jochen Bartsch berichtete der Ministerin von einem hart erkämpften Teilerfolg: Nicht alle 243 Arbeitsplätze gehen verloren, 110 bleiben in Gelsenkirchen. Die Ersatzteil- und Rohrfertigung solle ausgebaut und zwölf Arbeitsplätze für die Vorserienproduktion von Heizgeräten auf der Basis erneuerbarer Energien eingerichtet werden. „Da geht es um Prototypen für eine mögliche spätere Serienfertigung“ erläuterte der Betriebsrat. Noch seien auf Solar- und Brennstoffzellentechnologien beruhende Produkte und die so genannte Zeolith-Wärmepumpe aber ganz zarte Pflänzchen. Und selbst wenn es zur Produktion käme, sei keinesfalls gesichert, dass diese in Gelsenkirchen liefe. Zurzeit testet Vaillant in Modellprojekten in Gelsenkirchen, Essen und Düsseldorf die zukunftsweisende Brennstoffzellentechnologie zur dezentralen Strom- und Wärmeversorgung. Die rund 2,2 Millionen Euro teuren Probeläufe fördert das Land mit 800.000 Euro. Die Umweltministerin wies daraufhin, dass Förderungen immer schwieriger zu realisieren seien und Fördermittel der Europäischen Union durch die Osterweiterung zukünftig fehlen würden.

Versprechen auf eine rosige Zukunft klingen anders. Doch den Betriebsrat beschäftigt ohnehin mehr die triste Gegenwart. Im Schnitt sei die Belegschaft 45 Jahre alt. Viele der über 50-Jährigen hätten auf dem Arbeitsmarkt wohl keine Chance, ihnen droht die Sozialhilfe. „Wir versuchen Vorruhestandsregelungen zu treffen, um die Zeit bis zur Rente zu überbrücken“ sagte Jochen Bartsch. Auf den Zeitfaktor setzt der Betriebsrat auch bei der Verlagerung der Produktion, die bis Mitte des Jahres abgeschlossen sein soll. Es müsse sich in der Praxis erst noch erweisen, ob die Umstrukturierungspläne des Unternehmens bruchlos umzusetzen seien. „Wenn nicht, stehen wir bereit, um die Arbeit hier in Gelsenkirchen zu machen“, so Bartsch. Das beim Wirtschaftsprofessor Bontrup in Auftrag gegebene Gutachten zur Überprüfung der konzernweiten Pläne habe gezeigt, dass noch viele Arbeitsplätze in Gelsenkirchen hätten bleiben können. „Dazu hätte Vaillant Abstriche bei der beabsichtigten Einsparung von 35 Millionen Euro machen müssen. Die Bereitschaft, nur auf eine Million zu verzichten, ist aber gleich null“, beklagte der Betriebsrat. Höhn bat er initiativ zu werden, um den 110 verbliebenen Arbeitsplätzen eine Perspektive zu geben. Sie versprach, mit Wirtschaftsminister Harald Schartau (SPD) alle Möglichkeiten auszuloten.

In Sachen Vaillant war am Wochenende auch Gelsenkirchens Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU) unterwegs. Er hatte dem Unternehmen nach Bekanntwerden der Verlagerungspläne Profitgier vorgeworfen. In einer Sondersitzung des Stadtrates vor den Toren des Remscheider Firmensitzes hatte er gedroht, man werde wieder kommen, wenn die Schließungsabsicht nicht zurückgenommen werde. Diesmal diente Wittkes Mission wohl eher „der Beseitigung von in den letzten Monaten aufgekommenen atmosphärischen Störungen“, wie Vaillant -Sprecher Zuber meinte.