: Der Ausverkauf einer guten Idee
Initiatoren des Szenekaufhauses am Kotti geben auf. Die dubiose Strategie der Betreibergesellschaft des Kreuzberger Zentrums gerät in die Kritik
VON WIBKE BERGEMANN
Alle waren begeistert, als im Herbst 2002 eine Gruppe um den ehemaligen Betreiber des SO36, Richard Stein, das Projekt Kaufhaus Kreuzberg vorstellte: Anwohner und Presse ebenso wie Politiker. Im Kreuzberger Zentrum am Kottbusser Tor sollte ein Szenekaufhaus im Markthallenstil entstehen. Gewerbetreibende aus der Oranienstraße sollten ihre erfolgreichen Konzepte in dem vor sich hin dämmernden Betonkoloss umsetzen. Auf einmal schien es möglich, den Sozialbau aus den Siebzigerjahren mit neuem Leben zu füllen.
Doch der Traum ist aus. Die Macher des Kaufhaus Kreuzberg geben nach jahrelangen zähen Verhandlungen mit der Vermieterin Zentrum Kreuzberg GmbH auf. „Selbst wenn es demnächst zu einer Einigung käme, würden wir es organisatorisch nicht mehr schaffen, bis zum Sommer einzuziehen“, begründet Richard Stein die Entscheidung. „Wir wollen uns jetzt anderen Projekten zuwenden.“
Stein wird weiter die Kneipe „Möbel-Olfe“ betreiben, die als eine Art Versuchsballon bereits im Dezember 2002 im Kreuzberger Zentrum öffnete. Der Laden läuft: „Möbel-Olfe zeigt, dass man ein anderes Publikum an das Kottbusser Tor locken kann“, sagt Stein. Einen ähnlich Effekt hätte auch das Kulturkaufhaus haben können, glaubt der Initiator.
Selbst die Berliner Investitionsbank hatte das Projekt überzeugt: Im April vergangenen Jahres sagte die IBB einen Kredit in Höhe von 320.000 Euro zu. Alles deutete darauf hin, dass das Kaufhaus Kreuzberg wie geplant im Juli 2003 Eröffnung feiern könnte. Dann legte die Zentrum Kreuzberg GmbH einen unannehmbaren Mietvertrag vor. Im Laufe der Verhandlungen stellte die Vermieterin immer neue überhöhte Forderungen. Wiederholt ließ der Geschäftführer der Zentrum Kreuzberg GmbH, Peter Ackermann, Verhandlungstermine platzen und verzögerte damit eine Einigung. Mit Erfolg: Im November 2003 erklärte die IBB die Frist für abgelaufen und zog ihre Kreditbewilligung für das Kaufhaus Kreuzberg zurück.
Alle Notmaßnahmen, wie etwa die vom Quartiersmanagement Kottbusser Tor eingerichteten Gesprächsrunden, scheiterten. Immer stärker rückten die Eigentümergesellschaft und ihr Geschäftsführer Peter Ackermann ins Zentrum der Kritik. Auf einer Podiumsdiskussion forderte Baustadtrat Franz Schulz (Grüne) dazu auf, über einen Trägerwechsel nachzudenken. Auch die MieterInnenvollversammlung des Gebäudekomplexes forderte einstimmig die Ablösung der Betreiber.
Das Unternehmen hat einen Schuldenberg von 50 Millionen Euro angehäuft. Rund 1,1 Millionen Euro erhält die Betreibergesellschaft derzeit aus Zuschüssen. „Seit 30 Jahren wird das Kreuzberger Zentrum mit öffentlichen Mitteln gefördert. Doch der Betreiber hat noch nicht einmal damit begonnen, die Kredite zu tilgen“, wundert sich die PDS-Abgeordnete Vera Vordenbäumen: „Was ist mit den Geldern bisher geschehen?“
Trotz ständig fließender Mittel und Quartiersmanagement seien alle betroffenen Mietergruppen unzufrieden. Vordenbäumen fordert daher eine Trägerschaft, bei der die öffentliche Hand über die Verwendung der öffentlichen Mittel mitreden kann.