: was bisher geschah
8 Stunden Dienst + 10 Stunden Dienst – der Streit um die Arbeitszeit von Ärzten
Seit Jahrzehnten ist bekannt: Klinikärzte sind überlastet. Übermüdete Ärzte machen Fehler. Das Arbeitszeitgesetz schreibt vor, dass auf einen achtstündigen Dienst eine elfstündige Ruhezeit folgen muss. Nur für Mediziner gilt das nicht. Sie dürfen im Anschluss noch zehn Stunden in Bereitschaft sein.
Der Marburger Bund der Krankenhausärzte fordert daher, Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit anzusehen. 2000 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) genau das entschieden. Doch die Bundesregierung weigert sich, das Urteil anzuerkennen. Sie argumentiert, die Kliniken könnten auch nach der bestehenden Rechtslage Arbeitszeitmodelle einführen, die die Ärzte entlasten würden. In einigen Kliniken gelten solche Modelle schon. Um dafür zu kämpfen, müsste sich jedoch der Marburger Bund mit den Klinikbetreibern anlegen und verweist deshalb wiederum auf die Bundesregierung. Der Arzt Norbert Jäger hat vor dem Kieler Arbeitsgericht geklagt und Recht bekommen.
Der Arbeitgeber ging in Revision. Der Fall landete beim Landesarbeitsgericht und ging von dort aus zwecks erneuter Prüfung wieder vor das EuGH in Luxemburg. Am 7. April hat dort der Generalanwalt seinen Schlussantrag gehalten und Jäger Recht gegeben. Dies gilt als Vorentscheidung. Bis zum Sommer wollen die Richter ein Urteil fällen.
Weil in deutschen Kliniken ohnehin akuter Personalmangel herrscht, müsste dann massenhaft neu eingestellt werden. Besonders hoch sind Prognosen der deutschen Krankenhausgesellschaft, die mit bis zu 27.000 neue Ärzten und jährlichen Kosten von 1,75 Milliarden Euro rechnet. TAZ
FOTO: KARIN DESMAROWITZ/AGENDA