„Ihr seid nicht allein“

Auch bei den Grünen organisiert sich radikaler Widerstand gegen die Agenda 2010. Man demonstriert Solidarität mit SPD-Rebellen

BERLIN taz ■ So sehr sich die SPD auch fetzte, die Grünen schienen mit der Durchsetzung der Agenda 2010 bisher kein Problem zu haben. „Radikale Blockierer gibt es bei uns nicht“, war sich Parteichef Reinhard Bütikofer noch am Wochenende sicher. Die Grünen seien „auch an der Basis offener für Reformen“. Wenn er sich da mal nicht getäuscht hat. Seit gestern muss sich auch die Grünen-Spitze mit strikten Gegnern aus den eigenen Reihen auseinander setzen. Und sie tut es äußerst unwirsch.

„Wer grundsätzlich Reformen für überflüssig hält, ist den Problemen nicht gewachsen“, wies Bütikofers Chefkollegin Angelika Beer die Kritiker „aus dem Münsteraner Raum“ zurecht. Dort, in Nordrhein-Westfalen, wurde jetzt, vier Wochen vor dem grünen Sonderparteitag, ein Antrag formuliert, der die Agenda 2010 rundweg ablehnt. Die Aktion erinnert – sicher nicht zufällig – an das Mitgliederbegehren der SPD-Rebellen. Der Antrag wird ins Internet gestellt, Inititator Wilhelm Achelpöhler wünscht sich „möglichst viele Unterschriften“ (www.gruene-muenster.de).

Die Forderungsliste ist lang und enthält so gut wie alle Klassiker der Linken. „Was niemandem hilft“, heißt es da, seien Kürzungen am Arbeitslosengeld und die Änderungen beim Kündigungsschutz. Stattdessen plädiert der Antrag für die Wiedereinführung der Vermögensteuer, die Tobin-Steuer und „keine weiteren Steuersenkungen für Reiche“.

Achelpöhler sieht die Aktion als „Katalysator für das Unbehagen, das es in der Partei gibt“. Natürlich ist den Verfassern klar, dass ihr radikaler Antrag so keine Chance hat. Mitautorin Barbara Steffens, Fraktionsvize im NRW-Landtag, sagte der taz, der Antrag sei als „Signal“ gedacht, nicht nur an die eigene Partei. Auch die linken Kritiker bei der SPD sollen vor ihrem Sonderparteitag wissen: „Ihr seid nicht allein.“

Welche Wirkung der Antrag entfaltet, hängt auch davon ab, ob sich in der grünen Bundestagsfraktion Unterstützer finden. Fraktionsvize Christian Ströbele traf sich gestern mit Winfried Hermann und anderen Linken, „um zu sehen, welche Anträge da sind und welche wir unterstützen können“. LUKAS WALLRAFF