Schlängelnde Züge, rollende Köpfe: Die Bahn lenkt endlich ein

Jan Christopher steht vor einem Fahrscheinautomaten im Bahnhof Altona und ärgert sich: „Alle werden flexibler, nur die Deutsche Bahn nicht“, findet der Musikstudent aus Hamburg, der frischen Nachricht vom Umdenken der Bahn zum Trotz (ausführliche Berichte Seiten 1 & 3). Mit seiner Meinung ist er nicht allein. Am Schalter, auf den Bahnsteigen, in der Eingangshalle – überall nur unzufriedene Reisende. „Ich steig da einfach nicht mehr durch. Das kostet mal so, mal so“, sagt Schülerin Solveig Saider. Auch Lehrerin Monika Schwarz trauert dem früheren Preissystem nach: „Ich habe vier Kinder. Dass es die Familienkarte nicht mehr gibt, ist für uns ein teurer Spaß. Früher sind meine Kinder für die Hälfte des Fahrpreises gereist,“ sagt sie. Rentnerin Marita Gädtke ist bereits ganz auf Bus und Auto umgestiegen.

Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hat es auch eingesehen: Das neue Preissystem bringt ihn nicht mit den Reisenden auf eine Schiene. Gestern trat er deshalb den Rückzug an: Zwei Manager wurden entlassen, das verwirrende Preissystem wird vereinfacht, Umtausch- und Stornogebühren bei Frühbucher-Tickets sollen sinken und die alte BahnCard wiederkommen.

Wie viele andere Reisende ist Rechtsanwältin Ursel Etzel erleichtert: „Mir ist es eine große Freude, dass ich die alte BahnCard noch besitze. Umso besser, da ich jetzt weiß, dass ich sie nach ihrem Ablauf wieder verlängern kann,“ sagt sie. Der gerade abgeschafften neuen BahnCard trauert die Anwältin nicht hinterher: „Ich möchte mich nicht Tage vorher schon entscheiden müssen, wann ich fahre und vor allem, welchen Zug ich nehme.“ Den Wechsel im Management der Bahn AG findet sie jedoch unnötig: „Man darf ruhig mal eine neue Idee ausprobieren,“ so Etzel. „Und wenn die jetzt schief gegangen ist, dann weiß ich nicht, warum gleich Köpfe rollen müssen.“

ull/ foto: henning scholz