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Archiv-Artikel

Jugendliche greifen Polizeiwachen an

In Griechenland ist ein Ende der gewaltsamen Proteste gegen Regierung und Polizei nicht in Sicht. Straßenschlachten und Blockaden dauern den sechsten Tag in Folge an. Solidaritätsdemonstrationen gab es auch in anderen europäischen Metropolen

Von GB

BERLIN taz/dpa/ap/rtr ■ Dutzende Jugendliche haben am Donnerstag in der griechischen Hauptstadt Athen ihren gewaltsamen Protest gegen die Regierung und die Polizei des Landes fortgesetzt. Am sechsten Tag der Unruhen griffen Jugendliche mindestens sechs Polizeiwachen in Athen mit Steinen und Brandflaschen an. Rund 200 Demonstranten hielten auch gestern das Polytechnikum in Athen besetzt. Mehrere hundert Schüler besetzten Straßenkreuzungen in der Haupttstadt. Vor dem Kyradallos-Gefängnis versammelten sich hunderte Menschen. Dorthin sollte der Polizist gebracht werden, durch dessen Schuss am Samstag der 15-jährige Grieche tödlich getroffen wurde. Auch in der Nacht auf Donnerstag hatten sich maskierte Jugendliche wieder heftige Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Dabei flogen erneut Molotowcocktails und Steine auf die Polizei.

In der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki belagerten rund 500 Demonstranten die zentrale Polizeiwache. Auch in den Städten Patras und Ioannina versammelten sich Menschen, um an die Erschießung des 15-jährigen Schülers Alexandros Grigoropoulos am vergangenen Wochenende zu erinnern.

In der Nacht auf Donnerstag war es auch außerhalb Griechenlands zu Protestaktionen vor den diplomatischen Vertretungen des Landes gekommen. In Kopenhagen demonstrierten etwa 150 Jugendliche, 63 von ihnen wurden laut Polizei nach Ausschreitungen festgenommen. In Rom und Sofia hielten Demonstranten Plakate des 15-jährigen Grigoropoulos hoch. Vor der Botschaft in der italienischen Hauptstadt warfen Aktivisten Autos um, in New York schleuderte ein Passant einen Stein gegen das Konsulat, vor der Vertretung in Bourdeaux gingen zwei Autos in Flammen auf. In Madrid wurden in der Nacht neun Randalierer festgenommen, die gegen die Erschießung des jungen Griechen protestiert und die Scheiben eines Polizeireviers eingeschlagen hatten. Auch in Barcelona schleuderten Jugendliche Steine auf Bankgebäude.

Der Polizist, der den tödlichen Schuss abgegeben hatte, wurde am Mittwochabend nach einem Richterbeschluss in Untersuchungshaft genommen. Nach Medienangaben soll jedoch der noch nicht veröffentlichte ballistische Untersuchungsbericht zu dem Schluss kommen, dass der Schüler nicht direkt in die Brust geschossen, sondern von einem Querschläger getötet wurde. Angesichts der schleppenden Ermittlungen, eines schlechten Krisenmanagements und offensichtlicher Ratlosigkeit stellen Meinungsumfragen der Regierung ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Für den Abend waren erneute Demonstration angekündigt. Auch am Freitag und Montag wollen die Studenten ihre Proteste fortsetzen. Immer mehr Griechen fragen sich inzwischen, wie lange die Regierung noch im Amt bleiben kann. „Das wahrscheinlichste Szenario besagt, dass die Regierung Karamanlis in zwei oder drei Monaten zu Neuwahlen aufrufen wird“, sagte Professor Georges Prevelakis von der Sorbonne-Universität in Paris gegenüber der Agentur Reuters. Regierungschef Costas Karamanlis hat vorerst aber nur den schwer gebeutelten Geschäftsleuten schnelle finanzielle Hilfe zugesagt. GB