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Archiv-Artikel

Betr.: Lehrerstreik, div. Berichte, und Leserbrief von Rainer Thumann, taz hamburg vom 15.5.03

Irrtümer

Herr Thumann irrt in seinem Leserbrief an mehreren Stellen.

1. Er behauptet, Lehrerinnen und Lehrer würden sich gegen das Erfassen ihrer Arbeitszeit wehren und deshalb gegen das neue Arbeitszeitmodell sein. Das ist nicht richtig. Das neue Arbeitszeitmodell beruht nicht auf einer Erfassung der tatsächlich benötigten Arbeitszeit. Vielmehr wird von der Behörde für Bildung und Sport ein bestimmtes unveränderbares Kontingent an Arbeitszeit (unter Berücksichtigung von erneut verminderten Mittelzuweisungen) finanziert, welches auf die verschiedenen pädagogischen Aufgaben verteilt wird. Diese nach dem so genannten Prinzip der Auskömmlichkeit zugewiesenen abrechenbaren Zeiten haben nichts mit der tatsächlich benötigten Arbeitszeit für eine pädagogische Aufgabe zu tun.

Nach dem Arbeitszeitmodell werden z. B. für die Vor- und Nachbereitung einer Mathematikstunde 15 Minuten zugestanden. Für die Korrektur einer Klassenarbeit stehen pro Schülerin oder Schüler knapp zehn Minuten zur Verfügung. Für pädagogische Gespräche mit Eltern und Kindern werden pro Woche und Fach deutlich weniger als eine Minute pro Kind veranschlagt.

Diese Zeitkontingente sind wesentlich unter dem benötigten Zeitaufwand angesetzt. Insofern käme eine Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeit („mit der Stechuhr“, wie Herr Thumann es nennt) den Lehrerinnen und Lehrern sehr entgegen und wird von dieser Berufsgruppe keineswegs abgelehnt.

2. Er suggeriert, Lehrerinnen und Lehrer kämen mittags nach Hause. Das ist einerseits missverständlich, andererseits falsch. Es ist missverständlich, weil der Aufenthalt zu Hause nicht mit einem Feierabend gleichzusetzen ist. Sehr große Teile der erforderlichen Arbeit (Vorbereitungen, Korrekturen, Elterngespräche usw.) werden zu Hause erledigt. Es ist falsch, weil im Allgemeinen pro Woche mehrere Termine auch nachmittags in der Schule wahrgenommen werden (z. B. Konferenzen, Fortbildungen, Nachmittagsunterricht usw.)

3. Herr Thumann spricht von zwölf Wochen Urlaub im Jahr. Das ist nicht richtig. Für Lehrerinnen und Lehrer gelten die gleichen Urlaubsvorschriften wie für den restlichen öffentlichen Dienst. In den Ferien (welche offiziell korrekterweise unterrichtsfreie Zeit heißen) werden einerseits pädagogische Aufgaben erledigt (so sind z. B. die Frühjahrsferien häufig mit der Korrektur der im Februar geschriebenen Abiturarbeiten gefüllt).

Andererseits ist die Arbeitszeit schon nach der bisherigen Regelung außerhalb der Ferien deutlich höher bemessen, so dass über das Jahr gerechnet die Urlaubszeit die des öffentlichen Dienstes nicht übersteigt. Faktisch liegt sie sogar, wie mehrere Untersuchungen (unter anderem auch eine von der Schulbehörde in Auftrag gegebene) gezeigt haben, darunter.

4. Herr Thumann spricht von einem vollen 13. Monatsgehalt. Die Höhe des Weihnachtsgeldes wurde vor einigen Jahren eingefroren. Das von der Behörde für Bildung und Sport geplante Arbeitszeitmodell ist, auch nach Aussagen von Schulsenator Lange, verbunden mit einer deutlichen Erhöhung der Arbeitszeit für Lehrerinnen und Lehrer (...).

Lehrerinnen und Lehrer wehren sich auch unter dem Aspekt der Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen. Wer könnte es ihnen verdenken?

Andreas Busse

Stolz

Nur allzu gerne würde ich Herrn Schulsenator Lange und all denen, die dieses Arbeitszeitmodell erarbeitet haben, sämtliche sowieso schon hoch belasteten Lehrer und die vielen SchülerInnen, die letztendlich die Leidtragenden dieses höchst zweifelhaften Modells sind, auf den grünen Tisch setzen. Einen Boykott der Schule kann ich nur unterstützen (...).

Viel bleibt mir nicht mehr, auf das ich in dieser Stadt noch stolz sein könnte. Stolz bin ich auf meine vier Kinder, die sich ihr Rückgrat und ihre Integrität erhalten konnten, und stolz bin ich auf die Lehrer, die sie mit Geduld und Engagement begleitet haben. Sie sollten den Senat belehren, wenn es darum geht, Chancengleichheit, Ressourcenerhaltung und Menschlichkeit auch in der Schule zu wahren – auf dessen grünem Tisch! Barbara Brunke