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Archiv-Artikel

Hamburger Kessel in Bremen

Erneut zeigt sich die Bremer Polizei von ihrer drastischen Seite: Nach dem Totalverbot eines linkes Umzugs werden mehr als 170 DemonstrantInnen teils über Stunden festgehalten. Politik und Polizeiführung sind zufrieden

Die Polizei hat am Samstagnachmittag in der Bremer Innenstadt mehr als 170 DemonstrantInnen festgenommen und knapp acht Stunden festgehalten. Zuvor hatte das Bremer Stadtamt zum ersten Mal seit Jahren einen angemeldeten linken Aufzug komplett verboten: Dieser könnte, so befürchtete die Polizei, einen „unfriedlichen Verlauf“ nehmen. Das Oberverwaltungsgericht hatte dieses Verbot in der Nacht zum Samstag bestätigt.

Die geplante Demo war Teil eines bundesweiten Aktionstages zum Berliner 129a-Verfahren gegen die „militante gruppe“ (mg). In der Verbotsverfügung hatten die Behörden unter anderem auf die Freisprüche im Bremer Brechmittelprozess und im Dessauer Verfahren um den Feuertod Oury Jallohs verwiesen. Diese hätten die Stimmung in der linken Szene „zu sehr aufgeheizt“. Ein Sprecher des Kölner Kommittees für Grundrechte und Demokratie erklärte, die Begründung „schlägt dem Fass den Boden aus“. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) begrüßte das Verbot „zum Schutz der Gäste des Weihnachtsmarkts“.

Trotz der Gerichtsentscheidung versammelten sich gegen 15 Uhr etwa 250 Menschen vor dem Rathaus und zogen durch die stark belebte Fußgängerzone. Nach etwa 500 Metern wurde der Aufzug von Polizeieinheiten aus Bremen und Schwerin eingekesselt. Per Lautsprecher löste die Polizei die Versammlung auf und ordnete sogleich die Ingewahrsamnahme an. In den nächsten zwei Stunden führte sie 174 DemonstrantInnen aus dem Kessel, die dann bis etwa 23 Uhr auf verschiedenen Polizeiwachen festgehalten wurden. Ein Richter sei „unverzüglich“ eingeschaltet worden, hieß es.

Am Rande des Kessels schlugen PolizistInnen wiederholt auf DemonstrantInnen und teils auch auf PassantInnen ein. So berichtet die Bremerin Regine Geratz, sie sei lediglich zum Einkaufen in der Stadt gewesen. Als sie an die Absperrung herangetreten sei, „um zu gucken, was die da mit den Jugendlichen machen“, hätten „sechs gepanzerte, schwarz vermummte Polizisten mich umstellt, einer hat mich im Polizeigriff abgeführt, dann haben sie meinen Rucksack durchwühlt“. Nur weil die 49-Jährige glaubhaft machte, dass ihr Kind zu Hause auf sie warte, habe man sie nicht auch mitgenommen.

Innensenator Mäurer und Polizeipräsident Eckhard Mordhorst beobachteten den Einsatz vor Ort. In einem Bericht räumte die Polizeiführung ein, dass es weder zu „Schäden in der Innenstadt“ noch zu „gesundheitlichen Schäden auf Seiten der Polizei“ kam, und wertete dies als Ergebnis ihres Vorgehens.

Die Anmelder des verbotenen Aufzuges sprachen hingegen von einem „äußerst repressiven und unvernünftigen Verhalten“. Die Polizei habe an einer „einvernehmlichen Lösung für das Stattfinden der Demonstration keinerlei Interesse“ gezeigt. Stattdessen habe der „Konsum eine höhere Priorität als das Recht auf Meinungsäußerung“ genossen. Auch die Linksfraktion äußerte „Entsetzen“ über die Festnahmen: Das Demoverbot sei „zynisch“ und ein „krasser Fehler“, hieß es in einer Erklärung. CHRISTIAN JAKOB

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