Schwere Kämpfe erschüttern Aceh

Mehrtägige Großoffensive des indonesischen Militärs gegen Rebellen im Norden fordert mindestens 13 Todesopfer. Jetzt geraten auch Menschenrechtsorganisationen zusehends ins Visier der Streitkräfte. Über 200 Schulen niedergebrannt

aus Bangkok NICOLA GLASS

Am dritten Tag der indonesischen Militäroffensive in Aceh sind bei heftigen Kämpfen mit Separatisten laut Angaben der „Bewegung Freies Aceh“ (GAM) mindestens 13 Menschen getötet worden. In einer Region östlich der Stadt Bireun seien zehn Einwohner, zwei unbewaffnete GAM-Mitglieder und ein Soldat ums Leben gekommen, sagte GAM-Sprecher Tengku Agam. Verantwortlich dafür soll die Eliteeinheit Kopassus sein. Die Militärs erklärten hingegen, bei den Toten handele es sich vorwiegend um Rebellen.

Unterdessen hat Indonesiens Armee ihre Truppen nahe der Ortschaften Bireun und Pidie im Norden Acehs verstärkt, die als GAM-Hochburgen gelten. Beobachter berichteten von den schwersten Auseinandersetzungen seit Beginn der Offensive am frühen Montagmorgen.

Im Zuge der von Indonesiens Oberbefehlshaber Endriartono Sutarto ausgegebenen Parole, „alle Rebellen zu jagen und zu vernichten“, nehmen die Militärs zunehmend jetzt auch Menschenrechtsgruppen ins Visier. Der indonesische Generalmajor Endang Suwarya nannte dabei unter anderem ein Informationszentrum, das an einem Referendum für die Unabhängigkeit mitgearbeitet hatte, sowie eine Studentenorganisation. Auch bestätigte er gestern die Festnahme einer führenden Frauenrechtlerin, der Aktivistin Cut Nur Asikin. Jakarta wirft ihr vor, mit der GAM zu sympathisieren. Rebellenführer Malik Mahmud indes hatte von seinem schwedischen Exil aus betont, man werde „für immer kämpfen“.

Die Acehnesen jedoch haben von Propaganda und Krieg genug. Nicht zuletzt deshalb, weil allein während der letzten drei Tage über 200 Schulen niedergebrannt wurden. Rund 60.000 Schüler stünden derzeit ohne Klassenzimmer da, erklärte Anaz Muhammad Adam von der Provinzbehörde für Erziehung. „In keinem Konflikt der Welt sind Schulen normale Ziele.“

Diese offensichtliche Zerstörung ziviler Einrichtungen dürfte die Wut der Bewohner vor allem gegenüber den indonesischen Militärs weiter wachsen lassen. Unbeteiligte Zivilisten sollten, so hatte es laut Armee zumindest nach außen hin geheißen, möglichst verschont bleiben. Eine Farce, da seit Beginn des blutigen Konflikts 1976, der lange als „vergessener Krieg“ galt, fast 12.000 Menschen ums Leben kamen.

Die neuen Schuldzuweisungen sind die alten: Während die Rebellen den indonesischen Geheimdienst beschuldigen, machen die indonesischen Streitkräfte die GAM für die Zerstörungen verantwortlich. Den Rebellen, deren Zahl auf 5.000 geschätzt wird, stehen derzeit über 30,000 Soldaten und 10.000 Polizisten gegenüber.

Allmählich scheint der Regierung in Jakarta zu dämmern, dass die jetzige Offensive, die größte seit 1975 in Osttimor, auf größeres internationales Interesse stößt, als Indonesien lieb sein kann. USA, EU und Japan, die potenziellen Geberländer, hatten massiv auf Frieden gedrängt und zeigten sich vom Scheitern der Verhandlungen ebenso enttäuscht wie UN-Generalsekretär Kofi Annan. Generalmajor Suwarya drohte Journalisten jetzt Zensur an. Rebellenführer dürften nicht mehr zitiert werden, damit „alle Nachrichten den Geist der nationalen Einheit beinhalten“.