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Analyse: Schwarze SicherheitspolitikNRW-CDU rückt nach rechts

Jürgen Rüttgers wird zum schwarzen Sheriff. Der CDU-Oppositionsführer will die Kriminalität im größten Bundesland besser bekämpfen – und NRW mit harten Maßnahmen vor möglichen Terroranschlägen schützen. Mit ihren neuen sicherheitspolitischen Plänen positionieren sich die nordrhein-westfälischen Christdemokraten als Law-and-Order-Partei. Gut ein Jahr vor der Landtagswahl 2005 haben die oppositionellen Konservativen eine Art „sicherheitspolitische Woche“ veranstaltet, um ihre neue „Null-Toleranz“-Linie politisch zu vermarkten.

Dienstag: Partei- und Fraktionschef Rüttgers fordert in Düsseldorf die Zusammenlegung der Verfassungsschutzämter der Länder, um die Gefahren des islamistischen Terrorismus besser abwehren zu können.

Mittwoch: Die CDU-Innenpolitiker Helmut Stahl und Theo Kruse fordern im Landtag die Abschiebung terrorismus-verdächtiger Ausländer. Eine zentrale „Datenbank Terrorismus“ soll errichtet werden – auch wenn dafür geltendes Datenschutzrecht verändert werden muss. Rhetorisch und inhaltlich befinden sich die CDU-Redner auf dem Niveau des bayerischen CSU-Innenministers Beckstein. Nur beim Thema Bundeswehr-Einsatz im Innern distanzieren sich die NRW-Christdemokraten von der CSU-Position. In Düsseldorf und Köln sollen keine Panzer zum Schutz bedrohter Gebäude und Einrichtungen auffahren.

Donnerstag: Im Landtag geißelt die CDU die Polizei- und Sicherheitspolitik der rot-grünen Landesregierung. „Null Toleranz statt Null Aufklärung“, fordern die Christdemokraten. Kleinkriminalität, Vandalismus, „Graffiti-Schmierereien“, Ladendiebstahl, Taschendiebstahl von so genannten „Klaukids“ – die Union will in NRW gründlich aufräumen.

Warum die harte CDU-Welle jetzt? Allein wegen seines jüngsten USA-Besuchs dürfte Jürgen Rüttgers keine Kursverschärfung eingeschlagen haben – trotz Gesprächen mit Law-and-Order-Republikanern wie Governor Schwarzenegger. Vielmehr rücken die Christdemokraten in einer koordinierten Bewegung nach rechts – um traditionelle schwarze Wähler-Sehnsüchte nach Ruhe und Ordnung in Terrorzeiten zu befriedigen, um rechtspopulistisches, demokratisches Wählerpotenzial abzugreifen. Als Volkspartei der rechten Mitte bezieht die CDU aus diesen Integrationsbemühungen ihre Existenzberechtigung. Trotzdem ist der Rechtsruck ein Problem für die CDU. Die theoretische Option Schwarz-Grün nach der Landtagswahl dürfte sich mit einer derartigen Innenpolitik kaum verwirklichen lassen. Gegen „Klau-Kids“, „verdächtige Ausländer“ und Graffitisprayer wird Rüttgers wohl nicht mit den NRW-Grünen koalieren können. MARTIN TEIGELER

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