: Durchlauferhitzer für die Medien
Beim Kölner Verein SpiriTV machen überwiegend studentische Mitglieder eigene Fernseh-, Audio- und Printbeiträge. Die auf Studium und Karriere bezogenen Themen werden übers Internet verbreitet
Von Marika Dresselhaus
„Glauben Sie, dass es auch in Deutschland Terroranschläge geben könnte?“ Mit dieser brandaktuellen Frage macht Dimitri Soibel an diesem Tag seine ersten journalistischen Gehversuche in der Kölner Fußgängerzone. Der 24-jährige gebürtige Ukrainer ist unterwegs mit einem Kamerateam von SpiriTV. Die überwiegend studierenden Mitglieder dieses nicht-kommerziellen Kölner Vereins produzieren mit Herzblut eigene Fernseh-, Audio- und Printbeiträge, die sie via Internet verbreiten. Die meisten von ihnen träumen von einer Karriere in den Medien. So auch Dimitri. Am liebsten wäre er politischer Korrespondent in Osteuropa oder Amerika. Doch dass er bis dahin noch viel lernen muss, zeigt schon seine „geschlossen“ formulierte Frage, die Passanten im ungünstigen Fall mit einem unbefriedigenden „Ja“ oder „Nein“ beantworten.
Damit Neulinge wie Dimitri möglichst schnell lernen, wie Journalismus funktioniert, arbeitet SpiriTV nach einem klaren Konzept. So ist beispielsweise das Ressort „Mitglieder“ speziell für die Einweisung der „Neuen“ zuständig. Für sie gibt es sogar extra Kurse, in denen Medienprofis aus der „echten“ Praxis neben technischem Know-how (Kamera- und Schnitttechnik) auch journalistische Standards (z. B. Interviewführung) vermitteln.
Auch wenn manche Beiträge durch übermäßige Informationsdichte und Mangel an „Story“ noch etwas ungelenk daherkommen, zeugt vor allem die organisatorische Struktur des Internetsenders von Professionalität. Es gibt nicht nur Vorstand und Präsidium, sondern auch Gremien wie Recht (zuständig für urheber-, presse- und vereinsrechtliche Fragen) und Finanzen (zuständig für Verwaltung der Mitgliedsbeiträge, Investitionsplanung). Das Besondere: Bei SpiriTV machen Mitglieder nicht nur redaktionelle Beiträge, sondern haben auch die Möglichkeit, unternehmerisch mit zu arbeiten. Vielleicht wurde SpiriTV auch deshalb mehrfach ausgezeichnet (Gründerwettbewerb Multimedia 1999, Online Award des Grimme Instituts, Förderpreis „Medienkompetenz“ des Bildungsministeriums).
Die meisten indes wollen redaktionell arbeiten. In den wöchentlichen Redaktionssitzungen werden Themen geplant, vergeben und produzierte Beiträge vor ihrer Veröffentlichung diskutiert. Italienischstudentin Gisela Hartmann ist seit einem halben Jahr Chefredakteurin: „Bisher ist es erst einmal vorgekommen, dass ein Thema abgelehnt werden musste, weil klar war, dass der Autor eine einseitige politische Berichterstattung plante.“ SpiriTV legt also Wert auf eine gründliche und neutrale Berichterstattung. Ansonsten herrscht ein bunter Themenmix aus unterhaltenden Lifestylethemen (etwa „Liebesgrüße vom CSD“), kulturbezogenen Features (etwa über regionale Nachwuchsbands oder Ausstellungen) oder „menschelnden“ Reportagen (zum Beispiel über „Neuseeländer in Köln“). Der Schwerpunkt liegt auf informativen Servicebeiträgen zu Themen wie Studium, Karriere und Beruf. Dass SpiriTV damit offenbar erfolgreich ist, zeigen die 7.500 User, die sich im vergangenen Jahr auf die Homepage klickten.
Und auch Nachwuchsreporter Dimitri Soibel ist schließlich erfolgreich. Nach knapp einer Stunde Einsatz in der Kölner Innenstadt hat er seine O-Töne im Kasten. Seine zunehmend professionell formulierten Fragen führten zu wohlbegründeten Statements, die in Kürze im Internet unter www.SpiriTV.de abgerufen werden können.