Quartalsirre unter sich

Parteikritiker Lorenz will nicht mit SPD-Landeschef Strieder reden. Dabei will der sich doch nur endlich entschuldigen

Der Streit zwischen SPD-Landeschef Peter Strieder und dem Sprecher des linken Donnerstagskreises Hans-Georg Lorenz geht in eine neue Runde. Strieder, der Lorenz in einer Sendung des RBB wegen dessen Kritik an seiner Person als „Quartalsirren“ bezeichnet hatte, habe Lorenz dreimal ein Gespräch angeboten, ließ er über seinen Sprecher verlauten. Strieder sei zur Entschuldigung bereit.

Lorenz sagte der taz, er wolle auf das Angebot nicht eingehen. „Ich brauche kein Gespräch mit Strieder.“ Er verlange eine öffentliche „Rehabilitation“. Strieder habe ihn vor mehreren hunderttausend Fernsehzuschauern „herabgesetzt“. Die Angelegenheit sei jetzt den Anwälten übergeben worden. Lorenz wird von Klaus Eschen vertreten, der pikanterweise einem SPD-Parteiausschluss durch Austritt zuvorgekommen ist. Er hatte im Bundestagswahlkampf 2002 den Grünen Hans-Christian Ströbele unterstützt. Zwischen den Streithähnen versucht seit einigen Tagen der ehemalige SPD-Abgeordnete Andreas Köhler zu vermitteln – bisher ohne Erfolg. Köhler soll sowohl zu Lorenz als auch zu Strieder einen guten Draht haben.

In der Partei stößt der Streit zunehmend auf Kritik. Marc Rackles, Chef des SPD-Kreisverbandes Friedrichshain-Kreuzberg, sagte der taz, der Disput komme einem „Kindergarten“ gleich. Die Kontrahenten schadeten damit der Partei. Den Unmut der Basis bekommt vor allem Strieder zu spüren. Auch wenn einzelne Genossen wie Dilek Kolat, Ortsvorsitzende in Tempelhof-Schöneberg, auch Lorenz zur Zurückhaltung mahnen, erwarten sie eine eindeutige Entschuldigung von Strieder. Kolats Kreisverband wird heute über einen Missbilligungsantrag entscheiden, der ähnlich wie ein Brief des Spandauer SPD-Kreischefs Swen Schulz an Strieder diesen auffordert, sich zu entschuldigen. Rackels sagte der taz, Lorenz vergreife sich ebenso häufig im Ton wie Strieder.

Die Ko-Sprecherin des Donnerstagskreises Gerlinde Schermer nannte Strieders Ausbruch „eine Riesenfrechheit“. Das sei keine Einzeltat des Senators gewesen, sagte sie der taz. Das Bild vom „Quartalsirren“ habe sich im Kopf von Strieder festgesetzt.

Aber auch Lorenz steht nicht als Unschuldslamm da. Das Verhalten des ärgsten Strieder-Feindes wird als wenig vorteilhaft empfunden. Lorenz betreibt seit Monaten Fundamentalopposition gegen die Senatspolitik und speziell Strieder. In einem Interview hat er sich selbst als neuen Parteichef in Spiel gebracht – das sei besser als Strieder. Hinter vorgehaltener Hand halten nicht wenige die Bezeichnung „Quartalsirrer“ für noch zu harmlos.

Ortsvereinschefin Kolat ermahnte Lorenz, das Entschuldigungsangebot zu akzeptieren. Sie zeigte Verständnis für den SPD-Chef. „Strieder war genervt von den ständigen Attacken.“ Die Reaktion sei aber nicht in Ordnung. THORSTEN DENKLER