: Mustereuropäer kehrt nach Madrid zurück
EU-Währungskommissar Pedro Solbes wird Spaniens neuer Wirtschafts- und Finanzminister
Der künftige spanische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero hat seinen Spielmacher gefunden. Der derzeitige EU-Währungskommissar Pedro Solbes wird ab Ende April neuer spanischer Wirtschafts- und Finanzminister sowie Vizeregierungschef. Der 62-Jährige – Doktor der Politikwissenschaften, Wirtschaftswissenschaftler und Rechtsanwalt – bringt Erfahrung mit. Von 1991 bis 1993 kümmerte er sich in der Regierung des Sozialisten Felipe González um Landwirtschaft und Fischfang. Und von 1993 bis 1996 um Wirtschaft und Finanzen.
Beides waren keine leichten Jobs. Als Landwirtschaftsminister musste Solbes den Sektor modernisieren, damit er den Ansprüchen der EU genügt. Und im Wirtschafts- und Finanzressort legte er die Grundsteine für den Beitritt Spaniens zur Währungsunion. Er führte das Land aus der Krise, senkte die Inflation auf 3,2 Prozent, steigerte das Wirtschaftswachstum auf 2,9 Prozent und sparte bei den Staatsausgaben 8 Prozentpunkte ein. Die Lorbeeren ernteten dann die Konservativen unter José María Aznar, die 1996 die Wahlen gewannen. Als kleines Dankeschön schlugen sie Solbes 1999 für Romano Prodis Kabinett in Brüssel vor. Als Währungskommissar war es ihm vergönnt, die Einführung des Euros umzusetzen.
Brüssel war für Solbes längst kein unbekanntes Pflaster mehr. So war er bereits in den 70er-Jahren im spanischen Außenhandel mit der Europäischen Gemeinschaft tätig. Ab 1978 war er dann Berater für Beziehungen mit der EG. Diese Tätigkeit führte ihn schließlich in die Gruppe der sieben Spanier, die den Beitritt des Landes 1986 zur Gemeinschaft aushandelten.
Als kommender Wirtschaftsminister wird er sich mit seinem Vorgänger Rodrigo Rato vergleichen lassen müssen. Diesem gelang es, die Konjunktur in Spanien über lange Jahre anzukurbeln. Tausend neue Jobs am Tag heißt sein Verdienst. Solbes wird dies kaum toppen können. Was viele von ihm als Sozialist erwarten, ist nicht nur mehr Arbeit, sondern bessere Arbeit. In keinem Land der EU gibt es so viele Zeitverträge wie in Spanien. Diese ständige Unsicherheit über die unmittelbare Zukunft betrifft vor allem junge Arbeitnehmer.
Doch Solbes’ größte Aufgabe ist die Umorientierung der Wirtschaft, um ein langfristig nachhaltiges Wachstum zu erreichen. Denn Spaniens Ökonomie ist hochspekulativ. War vor ein paar Jahren noch die Börse der Ort, wo „Pepe Normal“ sein Geld anlegte, ist es heute der Wohnungsmarkt. Seit 1997 haben sich die Quadratmeterpreise im Landesschnitt verdoppelt. Doch auf jede bewohnte Wohnung kommen 0,6 leere Wohnungen. Eine „jähe Anpassung“ – sprich Preisverfall – drohe, warnten die Sozialisten im Wahlkampf. Das wäre das Aus für viele Familien, die im Schnitt mit 87 Prozent ihres verfügbaren Einkommens bei den Banken in der Kreide stehen. Die Wirtschaft könnte zusammenbrechen. Etwas, was Solbes schon einmal erlebte, 1993, als er das Wirtschaftsministerium übernahm.
REINER WANDLER
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