: Ökologie querbeet
Der Nabu-Schaugarten präsentiert sich frühlingshaft mit Wildkrokussen, Leberblümchen und Haselnusssträuchern. Nicht nur zum Ansehen, sondern auch als Anregung für naturnahes Gärtnern
von Peggy Wolf
Wie Maden mit Plüschborsten sehen sie aus. Gelb und feist schaukeln die Blüten des Haselnussstrauchs an den Zweigen. „Eines wilden Haselnussstrauchs“, präzisiert Angela Bauer, „der gewöhnlich als Zierform mit gewundenen Ästen in Gärten zu sehen ist.“ Dieser hier aber hat gerade Zweige und wächst normalerweise an Flussläufen oder Uferböschungen. Und er blüht derzeit im Naturgarten des Naturschutzbundes Hamburg (Nabu), den Angela Bauer (51) gemeinsam mit sechs MitstreiterInnen ehrenamtlich betreut.
Mitten in Hamburg, im Bramfelder Kleingartenverein „Birkenhain“ an der Bebelallee, erstrecken sich etwa 1.000 Quadratmeter gepflegte Wildnis. Vor elf Jahren pachtete der Nabu dort die Parzelle 185, um „Wildpflanzen in naturnah gestalteten Lebensräumen als Lehrstück zu zeigen“ – ein knapp ein Kilometer langer Rundweg macht‘s möglich.
Der beginnt gleich rechts neben der Eingangstür an einem Steinschutthaufen. Das ist ein Lebensraum für Pflanzen? „Ja“, sagt Bauer und zählt auf, was diesem unscheinbaren Hügel noch so alles blüht: „herrlich lilafarben“ die Moschusmalve, die Kartäusernelke in Pink oder die Felsennelke, „die hellfliederfarbene Blüten“ bekommt.
Allerdings erst im Hochsommer. Und auch der sich anschließende Bauerngarten, das Hügelbeet und die Kräuterspirale – „Beispiele für so genannte festgelegte Pflanzungen, für die wirtschaftliche Nutzung eines Gartens“ – wirken noch recht kahl. Früher, erzählt die Gartenfachfrau, wurde in den Bauerngarten gepflanzt, „was zum Kochen oder im Haushalt gebraucht wurde“, also Gemüse, Heil- und Gewürzkräuter oder auch Schnittblumen. „Auf dem Hügelbeet wird nur Gemüse angebaut, meist in Gärten mit wenig Fläche“, erklärt Bauer: „Bei uns hier wachsen alte Bohnensorten, aber auch Kürbis oder Zucchini.“ Zu sehen davon sind auf der Parzelle 185 allerdings allenfalls grüne Spitzen. „Zu früh“, weiß die Expertin, das passiert erst in zwei Monaten.“ Nur in der Kräuterspirale, einem gewundenen Wall aus Natursteinen, der mit Erde, Sand und Lehm gefüllt ist, recken sich bereits Lavendel, Majoran und Schnittlauch.
„Naturnahes Gärtnern heißt: nicht düngen, nichts ‚verbessern‘“, erklärt Bauer. Alles andere führe zur „geordneten Natur, die wir sonst in der Stadt finden“, und die zwar „Menschenaugen gefällt, mit der Tiere aber nichts anfangen können“. Die Biotope im Nabu-Naturgarten vereinen beides: Auf dem so genannten Magerrasen, einem Feld aus Kies und Sand, finden Golddistel oder Sonnenröschen eine Heimat, und „der Duft dieser niedrig wachsenden Pflanzen zieht im Sommer unzählige Hummeln an“. Im Teich wachsen Zungenhahnenfuß, Krebsschere oder Sumpfdotterblume, „alles Pflanzen, die hier im Umland vorkommen und beispielsweise den Libellen nützen, die im Gewässer zwischen den Pflanzen ihre Eier ablegen“. Schließlich ein Wall aus Ackersteinen und Erde – Gärtner nennen ihn Knick. „Gärtner heute“, berichtigt Angela Bauer. „Früher war der Knick einfach eine Feldbegrenzung, mit der die Bauern in Schleswig-Holstein Äcker oder Streuobstwiesen abtrennten.“ Und die sie mit Holunder-, Schlehe- oder Haselnusssträuchern bepflanzten. „Die Nüsse und Beeren wurden im Herbst gesammelt und verbacken, zu Gelees oder Säften verarbeitet.“ Oder von Tieren gefressen, denn auch die profitieren vom Knick: „Vögel haben in den Zweigen gebrütet“, erzählt Bauer. „Und auf unserem Knick wächst auch ein Faulbaum, in dessen Blättern der Zitronenfalter seine Eier ablegt.“
Hier, am gelb-puscheligen Haselnussstrauch und den blaulila Leberblümchen und vielfarbigen Krokussen, die unter ihm wachsen, ist der Rundgang zu Ende. „Dass es gerade dort anfängt zu blühen“, sagt Angela Bauer, „soll zeigen, dass die Natur ein Kreislauf ist.“
Der Nabu-Naturgarten wird von der Stadtteilgruppe Bramfeld/Ohlsdorf/Barmbek betreut, die sich jeden 4. Montag im Monat im „Brakula“, Bramfelder Chaussee 265, 1. Stock, trifft. Der Garten kann nur nach Vereinbarung –dafür im Büro, ☎ 69 70 89-0, anfragen – besichtigt werden oder aber bei Veranstaltungen wie dem „Pflanzenmarkt“ am 9. Mai. Der Eintritt ist immer kostenlos.