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Archiv-Artikel

Bittere Pillen

Zukunft der Bauausbildung: Experten empfehlen künstlerischen Schwerpunkt. Die ehemalige Fachhochschule HAW verlöre ihre Architekten. Senator Dräger beharrt indes auf dem Umzug in die City-Nord

Von EVA WEIKERT

„Ich will die Architektenausbildung halten“, erklärte selbstbewusst Michael Stawicki, neuer Präsident der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), als er Mitte März erstmals vor die Presse trat. Doch die Chancen, dass Stawicki sein Ziel erreicht, stehen schlecht. Hamburgs zweitgrößte Hochschule soll ihren Fachbereich Architektur verlieren und damit rund 1.000 Studierende. Das zumindest empfiehlt die Moderationsgruppe zur Reform der Bau-Ausbildung in Hamburg, die jetzt ihren Abschlussbericht der Wissenschaftsbehörde übergab.

Das interne Papier schlägt zwei Modelle vor: Eine Fakultät Bauen unter dem Dach der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) oder eine eigenständige Bau-Hochschule. Die HAW ginge leer aus und würde auf 12.000 Studierende schrumpfen. „Das wäre für uns eine herbe Pille“, so HAW-Vize-Präsidentin Ulrike Arens-Azevedo.

Gegenwärtig werden Architekten an zwei Orten ausgebildet, an der HfBK am Lerchenfeld und der HAW, der ehemaligen Fachhochschule. Auf Empfehlung der so genannten Dohnanyi-Kommission hat der Senat die Gründung einer neuen „Sektion Bauen“ beschlossen, in welche die beiden Studienangebote und die HAW-Fachbereiche Geomatik und Bauingenieurwesen gebündelt werden. Als Standort ist zunächst die HAW-Dependance an der Hebebrandstraße in der City Nord vorgesehen.

Vor allem der Kunsthochschule und der Architektenkammer ist dieser Wegzug der HfBK-Architekten vom Eilbeker Kunstcampus ein Dorn im Auge. Sie fürchten um das künstlerische Element im Studium. Haftet der HAW doch der Makel an, technischer und pragmatischer auszubilden. Den Kritikern zum Trost hat der Senat versprochen, einen neuen Standort zu prüfen, wenn die Staatskasse wieder voller sei.

„Die finanzielle Situation hat sich im Moment sicher nicht zum Positiven geändert“, sagte Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) jetzt der taz. „Am Standort Hebebrandstraße führt daher zur Zeit nichts vorbei.“ Eine Expertenbefragung in der Moderationsrunde habe jedoch eindeutig ergeben, „dass das künstlerische Element auch in der künftigen Bauausbildung in Hamburg ein sehr wichtiges ist“. Daher, so Dräger, „halte ich es für richtig, gemäß der Empfehlung des Moderationsprozesses hier einen entwerferisch-künstlerischen Schwerpunkt zu setzen“.

Das dürfte die HfBK freuen, blieben ihr doch bei Verlust ihrer Architekten nur noch 500 von heute 1.200 Studierenden. Präsident Martin Köttering lobte denn auch die „eindeutige Tendenz der Moderationsrunde zur HfBK“. Er selbst plädiere für eine eigenständige Bau-Schule unter dem organisatorischen Dach der HfBK mit den Standorten Lerchenfeld und Hebebrandstraße. „Die Integration der Bauingenieure und Geomaten halte ich aber für irrelevant.“

An der Einbindung der beiden Fachbereiche scheiden sich indes die Geister. So bündelte die HAW diese beiden Studienangebote und die Architektur gerade zu einer gemeinsamen Fakultät Bauen. „Wir halten an unserer Forderung fest“, so Vize-Chefin Arens-Azevedo, „die Geomaten und Bauingenieure in hohem Maße in einer eigenständigen Bau-Sektion mitzuverankern.“

Bis zum Sommer will die Wissenschaftsbehörde über die neue Bauausbildung entscheiden. Ein gemeinsames Studium von Architekten, Geomaten und Ingenieuren, so viel verriet Dräger schon jetzt, mache aus Sicht der Moderationsrunde wenig Sinn. Empfohlen werde statt dessen eine Ausbildung in „eigenständigen, aber verzahnten Bachelor-Studiengängen“ und Kooperationen im Master. Es scheint also, als hätten HAW und HfBK bittere Pillen zu schlucken.