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Archiv-Artikel

der wochenendkrimi Der Choleriker

Tatort: Schichtwechsel“, So., 20.15, ARD

Im Revier an der Kieler Förde, das gerade nach einem Vierteljahrhundert wieder eröffnet wurde, geht es zu wie ehedem: In fast schon vergessener „Tatort“-Manier wird der Whodunit vor allem dazu genutzt, in die sozialen Gegebenheiten des Ortes einzuführen. Und was ist in Kiel näher liegend, als das Werftsterben zu thematisieren? Deshalb wird in „Schichtwechsel“ nun ein Betriebsratssprecher erschlagen, der darüber entscheiden sollte, welche Mitarbeiter des krisengeschüttelten Schiffbauunternehmens Ostendorf ihren Job verlieren.

Mordverdächtige werden gleich in Reihe präsentiert – von der Sekretärin (Stefanie Stappenbeck), die um die Zukunft ihres zurückgebliebenen Werftarbeiterbruders fürchtet, bis zum überforderten Vorstand (Felix Eitner). Wem dieses Spiel mit Verdachtsmomenten (Buch: Jan von der Bank, Regie: Christine Hartmann) zu abgekartert erscheint, kann seine Aufmerksamkeit auf die Entwicklung von Kommissar Borowski (Axel Milberg) lenken: Der Choleriker zeigt jetzt gelegentlich Anzeichen von Heiterkeit.

Einmal scherzt er gar mit seiner Intimfeindin, der Polizeipsychologin Jung (Maren Eggert). Doch die Verantwortlichen des NDR-„Tatort“ seien gewarnt: Die Menschwerdung des Miesepeters, der in der ersten Episode noch unter krankhafter Misanthropie litt, ist zwar ehrenwert und menschlich zu begrüßen – der Genesungsprozess sollte allerdings nicht ganz so abrupt vonstatten gehen; das wäre einfach unglaubhaft. Borowski darf seine Kollegen also ruhig noch ein bisschen weiterquälen.

CHRISTIAN BUSS