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Archiv-Artikel

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT: SCHWULE PARTNER SIND NICHT LEDIG Es geht um mehr als Worte

Mit der „Homoehe“ scheint alles paletti, seitdem das Bundesverfassungsgericht der eingetragenen Lebenspartnerschaft im Sommer 2002 grundgesetzlichen Segen gegeben hat. Tatsächlich dürfen Homosexuelle einander nun das Jawort geben. Aber abseits dessen ist das Lebenspartnerschaftsgesetz nach wie vor nur ein Torso: Denn den (finanziellen) Pflichten der Homopartner füreinander stehen dank der unionsgeführten Bundesländer keine entsprechenden Rechte gegenüber.

Der Kampf gegen den Abbau der heterosexuellen Privilegierung und für eine weitere Diskriminierung des Homosexuellen durch den Staat ist längst nicht zu Ende. Jetzt mussten die Gegner der Gleichberechtigung eine Niederlage im Kampf für fortdauernde Ungleichbehandlung hinnehmen: Ein tapferer Bundeswehrsoldat erstritt sich vor dem Bundesverwaltungsgericht das Recht, im Personalführungssystem der Bundeswehr nicht mehr als „ledig“ geführt zu werden. Zuvor hatte der Soldat seinen Arbeitgeber pflichtgemäß über seine Verpartnerung informiert. Die Begründung dafür, dass er bei der Bundeswehr trotzdem weiterhin als „ledig“ geführt wurde, war absurd: Man habe im Computersystem hierfür kein freies Eintragefeld gefunden – und das in einem Kulturkreis wie dem deutschen, in dem traditionell nichts so geliebt wird wie Statistiken, Rubriken, Kolumnen.

Ebendieser Tradition der Genauigkeit folgte im Gegensatz zur Bundeswehr das Bundesverwaltungsgericht: Es wies die Verwaltung der Armee darauf hin, dass in einem Personalregister nichts Falsches stehen darf. Und darauf, dass ein verpartnerter Homosexueller eben nicht „ledig“ ist.

Ist das nicht egal? Ist es nicht: Denn an der kleinen Weigerung der Bundeswehr ist abzulesen, wie gleichgültig staatlichen Institutionen die Lebens- und Liebesangelegenheiten von Homosexuellen nach wie vor sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil nicht nur die Ignoranz der Bundeswehr gezügelt. Es hat auch alle anderen gesellschaftlichen und staatlichen Organisationen ermahnt, die Gesetze nicht zu sabotieren – sondern mit Leben zu füllen. JAN FEDDERSEN