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Archiv-Artikel

Paris lenkt ein

Nach Deutschland sucht auch Frankreich den Ausgleich mit der Siegermacht USA: Es stimmt der UN-Resolution zu

PARIS taz ■ Manche nennen es „Einknicken“, andere: „Realpolitik“. Am Mittwochabend gab der Pariser Außenminister Dominique de Villepin bekannt, auch Frankreich werde der britisch-amerikanischen UN-Resolution über den politischen und ökonomischen Wiederaufbau des Irak zustimmen. Obwohl die UNO in diesem Plan nur einen marginalen Platz hat, und obwohl, so de Villepin, „der Text nicht so weit geht, wie wir das gewünscht hatten“.

Das französische Einlenken erfolgte wenige Tage, nachdem die Pariser Freunde in der rot-grünen Berliner Regierung bei einem Powell-Besuch ihre Zustimmung zu der Resolution angekündigt hatten. Seither stand Paris allein. Auf der anderen Seite des Atlantik hatte Sicherheitsberaterin Condoleeza Rice die Richtung für das weitere Vorgehen vorgegeben: „Russland verzeihen, Deutschland ignorieren und Frankreich bestrafen.“

Angesichts des bevorstehenden G-8-Gipfel in Evian versucht Paris mit Kompromissbereitschaft die Beziehung zu Washington zu kitten. Ob das gelingt, ist fraglich. Zwar kam gestern US-Außenminister Colin Powell zu einem ersten Parisbesuch seit dem Irakkrieg. Doch ein Vier-Augen-Gespräch zwischen den Präsidenten Jacques Chirac und George W. Bush in Evian will Washington nicht ankündigen.

Die historische Rede, die de Villepin am 7. März im Weltsicherheitsrat gehalten hat, scheint vor dem Hintergrund des realpolitischen Einknickens von Paris Ewigkeiten zurückzuliegen. Damals hatte der Außenminister die französische Position gegen einen Krieg im Irak begründet und etwas festgestellt, von dem heute kaum noch jemand spricht: dass es nämlich weder für ein Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen noch für Verbindungen zwischen dem alten Regime in Bagdad und al-Qaida Beweise gibt. Damals war de Villepin auch vehement und eloquent für „mehr Demokratie in der Welt“ eingetreten, und für eine Lösung des Irakkonflikts, bei der die Vereinten Nationen „im Zentrum stehen“. DOROTHEA HAHN