Allein gegen den Sozialabbau

Beim europaweiten Aktionstag am Samstag werden Gewerkschaften und soziale Bewegungen ohne die Unterstützung der Parteien auskommen müssen: Die fühlen sich schlicht nicht angesprochen

VON ANDREAS WYPUTTA

Der europaweite Aktionstag gegen Sozialabbau ist für die nordrhein-westfälischen Landespolitik kein Thema. Keine der im Landtag vertretenen Fraktionen ruft zur Teilnahme an den Demonstrationen auf – dabei wird am Samstag auch in Köln demonstriert. Die Begründung der Politikerinnen und Politiker: Sie seien vom Deutschen Gewerkschaftsbund schlicht nicht eingeladen worden. „Wir haben lediglich ein Formblatt erhalten, dass kaum als Einladung zu erkennen war“, sagt etwa Hermann Josef Arentz, profiliertester Sozialpolitiker der CDU-Landtagsfraktion und Bundesvorsitzender der Christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). Unglücklich scheint der Vertreter des CDU-Arbeitnehmerflügels darüber nicht: Zwar halte auch er die Sozialreformen der Bundesregierung für „ungerecht“, so Arentz zur taz, doch fehle es dem DGB-Aufruf an umsetzbaren Alternativen: „Da wird nur mehr Staat, mehr deficit spending gefordert.“

Ähnlich auch die Reaktion der SPD: Weder der Landesvorsitzende Harald Schartau, gleichzeitig Nordrhein-Westfalens Minister für Wirtschaft und Arbeit, noch Sozialministerin Birgit Fischer sind zur Stellungnahme bereit – bei den gestrigen Demonstrationen der Stahlarbeiter gegen Trittins Pläne zum Emissionshandel war das Präsidium der NRW-SPD dagegen geschlossen dabei. Von Seiten der Partei habe bisher lediglich die Kölner Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen ihre Teilnahme angekündigt, so SPD-Sprecher Dirk Borhart. Auch für die Fraktion im Düsseldorfer Landtag ist der Aktionstag kein Thema: Zwar glaubt Sprecher Hans-Peter Thelen, dass auch SPD-Landtagsabgeordnete mitdemonstrieren werden, Namen kann er aber nicht nennen.

Die sozialpolitische Sprecherin der Grünen, Barbara Steffens, begrüßt zwar die Demo: „Natürlich ist es gut, wenn die Leute aufstehen.“ Eine offizielle Stellungnahme gibt es aber weder von Partei noch Fraktion. Begründung auch hier: Keine Einladung. Deftige Kritik dagegen von der FDP – Fraktionschef Ingo Wolf plädiert für einen „Systemwechsel bei Steuern und Abgaben, bei der sozialen Sicherung sowie beim Tarifrecht“.

Kein Wunder: Kaum verklausuliert machen Gewerkschaften und soziale Bewegungen am Samstag Front gegen das neoliberale Politikmodell von SPD und CDU. „Die Bundesregierung hat vergessen, was sie ihren Wählern versprochen hat“, schreibt etwa der Vorsitzende der IG Bau und ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Wiesehügel im Aufruf seiner Gewerkschaft. Für den DGB in NRW ist das mangelnde Engagement der Politik deshalb kein Problem: „Der Aufruf ist nicht in erster Linie an die Politik gerichtet“, sagt Sprecherin Sigrid Wolf: „Das ist gar nicht das Ziel.“