: Wirtschaft schlägt Umweltschutz
Im Emissionsstreit feiern Regierung und Opposition den Sieg von SPD-Bundeswirtschaftsminister Clement. Umweltschützer beklagen „herbe Niederlage“, die Grünen sprechen von „Hetz-Kampagne“
VON ANDREAS WYPUTTA
Die Sozialdemokraten freuen sich mit der Opposition: Als „gute Nachricht für die Arbeitsplätze in NRW“ hat Ministerpräsident Peer Steinbrück den Sieg seines Vorgängers und jetzigen Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement (beide SPD) im Streit um den Emissionshandel gefeiert. Besonders wichtig seien Sonderregelungen für die Stahlindustrie, die der Branche zusätzliche Verschmutzungsrechte von über 40 Millionen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) einräumen, findet der Regierungschef. Ähnlich äußerte sich Nordrhein-Westfalens CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers – und der umweltpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Holger Ellerbrock: Die „extremen und industriefeindlichen Vorstellungen“ des grünen Bundesumweltministers Jürgen Trittin seien „wenigstens teilweise korrigiert worden“, freut sich der Neoliberale.
Auch Steinbrücks SPD-Energieminister Axel Horstmann nannte die Niederlage Trittins ein „Ergebnis fast nach Wunsch“: Die Kohleverstromung werde „nicht diskriminiert“. Außerdem sichere der kaum verringerte Ausstoß des Klimakillers CO2 gerade in NRW Arbeitsplätze in der energieintensiven Glas-, Stahl- und Zementindustrie.
Moderat selbst die Reaktion führender Grüner: Trittin habe „den Konflikt gut und sachlich durchgestanden“, so NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn zur taz. Zwar hätten die Grünen bei „wie immer bei einem Kompromiss Abstriche machen“ müssen, allerdings biete die Einigung erstmals Anreize, gerade alte Stein- und Braunkohlekraftwerke im Rheinland durch neue, effiziente Anlagen zu ersetzen – allein die fünf Braunkohletagebaue im Bereich Garzweiler emittieren über 25 Prozent der CO2-Emissionen aller deutschen Kraftwerke. Klar bleibe aber, dass mit Clements Sieg wieder die Industrie über den Umweltschutz triumphiert: „Die NRW-SPD hat sich mit einem unsäglichen Kesseltreiben durchgesetzt“, klagt Reiner Priggen, energiepolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion – und verweist auf die Stahlarbeiter-Demonstrationen vom Montag. NRWs grüner Bauminister Michael Vesper sprach von einer „Hetz-Kampagne, die bewusst geschürt worden ist, um das Thema Ökologie ins Hintertreffen zu bringen“.
Scharfe Kritik kam auch von den NRW-Umweltschutzverbänden: „Der Klimakiller Clement hat sich durchgesetzt“, sagt Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Durch die „herbe Niederlage Trittins“ herrsche Stillstand beim Klimaschutz: Die Emissionen verringern sich bis 2012 nur von 505 auf 495 Millionen Jahrestonnen CO2 – oder nicht einmal zwei Prozent. Ein schlechtes Signal gerade aus Deutschland, das EU-weit ein Drittel der Treibhausgase verantwortet, findet auch Christoph Bals von der Nord-Süd-Organisation Germanwatch: „Von ernsthafter Klimaschutzpolitik hat sich die Bundesregierung damit verabschiedet.“
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