: Mit wenig Geld durch Europa
Die Freude kannte beim HSV nach dem 2:0 über Rostock und dem Erreichen des europäischen Pokalwettbewerbs keine Grenzen. Finanziell stößt der Club mit einem knapp 13 Millionen Euro betragenden Defizit jetzt allerdings auf selbige
von OKE GÖTTLICH
Der Anpfiff zur zweiten Halbzeit des Spiels zwischen dem HSV und Hansa Rostock verzögerte sich eine Weile. Eine kleine Ewigkeit, die es vermochte, auf die finanziell angespannte Situation des HSV hinzuweisen. Minutenlang war kein Ball aufzufinden. Nur Spötter dachten, dass sich der HSV angesichts des wachsenden Finanzloches (derzeit 12,5 Millionen Euro) nun schon keine Spielgeräte mehr leisten könnte.
Glücklicherweise stellte sich dies für den HSV als nicht ernst zu nehmender Gedanke heraus, hätte doch sonst das letztlich erfolgreiche Spiel (2:0) kaum beendet werden können und die anschließende Freude über den vorsaisonal unerwarteten Einzug in den europäischen Pokalwettbewerb nicht stattfinden können. Vordergründig muss man die Fans des HSV verstehen. Antizyklisch zur allgemein depressiven Spiel- und Wirtschaftsweise nicht nur innerhalb des deutschen Fußballbetriebs wurden sie vom Gefühl übermannt, eine europäisch werthaltige Mannschaft für sich spielen zu sehen. Nach beinahe drei dürftigen (Fußball-)Jahren feierten sie nun den konstantesten Vertreter deutscher Fußballmittelmäßigkeit – und die Rückkehr in einen europäischen Wettbewerb.
Hintergründig kostet die Teilnahme an dem Wettbewerb erstmal viel und vor allem kaum vorhandenes Geld. Rund 1,6 Millionen Euro an Sonderprämien zahlt der HSV an seine Spieler für die unerwartet gute Platzierung zum Ende der Saison aus. Außerdem wird Trainer Kurt Jara zusätzlich mit 200.000 Euro belohnt, die er sich bei Amtsantritt in den Vertrag schreiben ließ. Unter Umständen bekommt auch der insolvente FC Tirol noch 125.000 Euro, die im Falle des Erreichens eines UEFA-Cup-Platzes mit deren Ex-Trainer Jara fällig würden. Immerhin werden auch die derzeit vorhandenen Sponsoren eine erhöhte Prämie für den Erfolg ausschütten – einen neuen Hauptsponsor hat der HSV indes noch nicht gefunden.
„Der UEFA-Cup erleichtert nun die Gespräche“, sagte Vereinschef Bernd Hoffmann, der sich trotz des finanziellen Minusrekords eines Bundesligisten die gute Stimmung nicht nehmen ließ. Es hätte zwar noch nie einen Bundesligisten gegeben, „der innerhalb eines Jahres einen so hohen Schuldenberg angehäuft hat“, dennoch hält Hoffmann nach dem Aufstieg von Platz 15 auf den vierten Platz der Tabelle an seiner Vision fest, für die Saison 2005/2006 einen „Boom“ vorauszusagen. Das Erreichen des UEFA-Cups bedeute für ihn einen „Wechsel auf die Zukunft“. Bevor nun die für Europa eng bemessene Reduzierung des Kaders auf 22 Spieler ansteht, sollte wenigstens an ausreichend Spielgeräte gedacht werden.