KUNSTRUNDGANG : Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um
Anders als beim Art Forum gehen wir die Szene nicht von von A wie Bettina Allamoda bis Z wie Heimo Zobernig durch, sondern umgekehrt. Also: Heimo Zobernig. Kann auch ganz anders. Nicht Neo-Geo, nicht emotionslos, ästhetisch-reduziert. Er kann es auch überschäumend, wie der Champagner, der in seinem Glas durch die Zeichungen schwappt, die Anselm Dreher in seinen Galerieräumen zeigt. Dazu kommen Gouachen und andere Arbeiten, in denen man jederzeit den geschätzten Konzeptualisten wiedererkennt. Etwa in der Sitzbank aus Pressspanplatten; roh, scharfkantig, funktional tauglich zieht sie sich die Längswand des hinteren Galerieraums entlang; kein kunstvolles Möbel, dafür kunstlose Skulptur mit Liebe zum nüchternen Material. Die Zobernig, möchte man sagen, in seinen Zeichungen abhandengekommen zu sein scheint. Könnte das an Martin Kippenberger gelegen haben, mit dem Zobernig damals unterwegs war? Wie auch immer. Die Sache ist spannend. Denn der krakelig-gezackte Kreis (den ich als ein wolliges Schaf durch die Zeichnungen staksen sehe) zeigt sehr unvermutetet einen ganz neuen Zobernig – auch wenn er aus der Mitte der 80er-Jahre stammt, dem Zeitpunkt, zu dem die wundersamen Blätter entstanden.
Last, not least: Bettina Allamoda. Stellt in der Gruppenschau bei September ein Plakat aus, das es in sich hat. Die Figur des archaischen Dämons Pazuzu aus William Friedkins „The Exorzist“ verkörpert den militärisch-industriellen Komplex. Denn bei Friedkin wird der Dämon just dort im Irak ausgegraben, wo heute die US-Truppen stehen. Damit kommen Archäologie, Kriegsschauplatz und Hollywood auf Schönste zusammen – glaubt das Pentagon, wie Allamoda recherchierte. Sofort witterte man die Geschäftsidee: den „Exorzist Theme Park“, der Truppenunterhaltung und Kulturkolonialismus vereint.
Heimo Zobernig, bis 20. 12. (bzw. Jahresende), Di–Sa 14–18 Uhr (bzw. nach Vereinbarung), Anselm Dreher, Pfalzburger Str. 80 Metal Postcard-Mittageisen. Group Show, bis 23. Januar, Di–Fr 11–19, Sa 11–18 Uhr, Galerie September, Charlottenstr. 1