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Archiv-Artikel

Bei Rot-Grün blüht nur der Spaltpilz

Die Koalition in NRW galt als Modell für den Bund. Doch seit die Genossen Peer Steinbrück zum Ministerpräsidenten machten, fühlen die Grünen sich unerwünscht. Der Regierungschef liebäugelt mit der FDP – mit ungewissen Konsequenzen für Berlin

aus Düsseldorf PASCAL BEUCKER

Ob ein Scheitern der Koalition in Nordrhein-Westfalen auch das rot-grüne Bündnis in Berlin gefährden würde? Katrin Göring-Eckardt, die grüne Fraktionsvorsitzende im Bundestag, versucht sich in Gelassenheit. „Man kann nicht davon ausgehen, dass das Auswirkungen auf Bundesebene haben wird“, beteuert sie am Sonntag am Rande des grünen „Zukunftskongresses“ in Düsseldorf. Begründung: Die Koalition in NRW platze nicht. Begründung dafür: Rot-Grün habe sich immer zusammengerauft.

In der wohl schwersten rot-grünen Koalitionskrise spielen die Grünen Politmikado – nur nicht wackeln, um nicht zu verlieren. So verkniff sich auch die NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn auf dem grünen Landesparteitag am Wochenende jeden scharfen Ton. Der „lieben Tante SPD“ sandte sie Glückwünsche zum 140. Geburtstag und einen Tipp: „Auch alte Menschen können lustig sein.“

Doch danach steht den Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr nicht der Sinn. Panisch schauen sie auf die Umfragewerte, die ihnen einen Negativrekord nach dem anderen bescheren. Bei der Landtagswahl 2000 erzielten sie das schlechteste Ergebnis seit 1962. Hält der gegenwärtige Trend an, können sie sich 2004 noch locker unterbieten – und nach vier Jahrzehnten in die Opposition gehen.

Das Problem der SPD: Sie hat keine schlüssige Erklärung für ihren Niedergang. Außer den kleinen Koalitionspartner. So polterte Steinbrück Mitte vergangener Woche vor der NRW-Landesgruppe der SPD-Bundestagsabgeordneten in Berlin derartig über die Grünen, dass so mancher Teilnehmer danach der Überzeugung war, der Regierungschef habe bereits das Ausstiegsticket gelöst. Am Freitag legte Steinbrück, dessen Präferenzen in Richtung FDP schon lange bekannt sind, in einem Zeitungsinterview noch einmal nach: „Keine Koalition ist ein Wert an sich.“

Die Gedankenspiele einiger führender NRW-Genossen: Ein Befreiungsschlag noch vor der Kommunalwahl 2004; Grüne raus und die Gewehr bei Fuß stehende FDP rein. Eine riskante Überlegung, denn zum einen ist der Zustand der Nach-Möllemann-Liberalen mehr als desolat und es ist nicht ausgemacht, ob sie den Sprung in den Landtag wieder schaffen. Zum anderen triebe ein solches Manöver die Grünen in die Arme der CDU.

Dass auch bei den Grünen Nervosität und Unmut wachsen, zeigte sich bereits auf dem Parteitag in den Düsseldorfer Rheinterrassen. Aufgrund der aktuellen Krisensituation hatte dort der Landesvorstand per Tischvorlage ein Bekenntnis zu Rot-Grün verabschieden lassen wollen. Es wurde eine Zitterpartie: Die damit verbundene Absage an ein Bündnis mit der CDU auf Landesebene fand nur eine denkbar knappe Mehrheit von acht Stimmen – eine Sensation in dem einstmals stramm rot-grünen Landesverband. Der Unmut der grünen Basis über den Crash-Kurs der SPD wächst. Doch noch gilt: Nur nicht wackeln.