: Nur mit Passierschein von Bord
GAL fürchtet, dass die Persönlichkeitsrechte von Flüchtlingen im geplanten neuen Erstaufnahmelager erheblich eingeschränkt werden
Als Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht von Flüchtlingen hat gestern die GAL-Abgeordnete Antje Möller den Plan des Senates bezeichnet, den Aufenthalt von AsylbewerberInnen ab Sommer allein nach ordnungspolitischen Gesichtspunkten zu organisieren. Nicht mehr die Sozialbehörde, sondern die Innenbehörde unter Leitung von Senator Ronald Schill wird für die „zentrale Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA)“ auf dem Wohnschiff „Bibby Altona“ zuständig sein (taz berichtete) – und selbst mit Abteilungen der Ausländerbehörde in das Aufnahmelager einziehen. „Die Behörde argumentiert offen damit, jederzeit Zugriff auf die Menschen haben zu wollen“, kritisierte Möller.
In dem bislang vorliegenden Senatskonzept, das bereits den Segen der Deputation der Innenbehörde hat, hob Möller besonders zwei Punkte in ihrer Kritik hervor: Zum einen, dass es der Ausländerbehörde erlaubt werde, die Bewegungsfreiheit der Flüchtlinge massiv einzuschränken und das Betreten und Verlassen des Schiffes strengen Regeln zu unterwerfen. Zum anderen, dass die BewohnerInnen keine Privatsphäre mehr haben dürfen. Denn die MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde haben die Möglichkeit intensiver Beobachtung und Kontrolle der Personen und ihrer Habseligkeiten.
„Der enge räumliche Kontakt zur Person erleichtert die kurzfristige Klärung von Sachverhalten“, beschreibt die behördliche Arbeitsgruppe, die das Konzept geschrieben hat, dessen Vorteil: „Aus den mitgeführten Gegenständen lassen sich ggfs. wichtige Erkenntnisse über Reisewege gewinnen, welche wiederum Voraussetzung für eine Zurückschiebung sind.“
Bedenklich findet die GAL weiterhin, dass im neuen Konzept keine Höchstdauer für den Aufenthalt auf dem Schiff festgeschrieben ist. Die Flüchtlinge können nicht mehr, wie bisher, in ein Pavillondorf oder eine Wohnung umziehen, sobald der Träger oder ein Familienmitglied ein freies Zimmer hat. Allein die Innenbehörde entscheidet darüber, wann jemand das Schiff wieder verlassen kann. „Auch dabei geht es nicht um gesundheitliche oder familiäre, sondern nur um ordnungspolitische Belange“, so Möller.
Sie bereitet zurzeit mehrere Senatsanfragen vor, durch die sie mehr Details der neuen ZEA erfahren will. Beispielsweise, ob es zumindest für jugendliche Flüchtlinge eine pädagogische Betreuung geben wird und ob die BewohnerInnen des Schiffes dieses nur mit Passierschein betreten und verlassen dürfen. Möller befürchtet, dass die Flüchtlinge nur nach Angabe eines berechtigten Grundes überhaupt einmal von Bord gehen dürfen.
Insoweit ist es nicht einmal eine Freud‘sche Fehlleistung, als Möller einmal von der neuen „gesicherten“ Unterkunft für Flüchtlinge spricht. ELKE SPANNER