Zum Nahostkonflikt

betr.: „Mörderisch, doch lösbar. Deutschland trägt eine historische Teilschuld am Nahostkonflikt. Jetzt muss es zu dessen Lösung beitragen“ von Tsafrir Cohen, taz vom 29. 3. 04

Bei aller teils nur verständlicher, teils auch berechtigter Kritik an der Politik der israelischen Regierung gegenüber den Palästinensern frage ich mich zweierlei: Erstens: Wo sind diejenigen, die nach jedem Selbstmordattentat in Israel die Regierung Scharon zur Mäßigung aufrufen, geblieben? Würde nicht auch den Palästinensern bisweilen Mäßigung gut zu Gesicht stehen? Warum wird hier so offenkundig mit zweierlei Maß gemessen?

Und zweitens: Hinter der Idee, dass auf Jassin neue Hamas-Führer kommen könnten, die dessen Politik aufgeben könnten, Anschläge nur in Israel auszuführen, steckt eine Appeasement-Mentalität übelster Sorte. Alle berechtigte Kritik an Scharon rechtfertigt kein einziges Selbstmordattentat. Wer Scharon glaubwürdig kritisieren will, kann dies nur tun, wenn er sich auch bei gegebenem Anlass gegen den Terror der Palästinenser wendet. Alles andere sind durchsichtige Scheinargumentationen.HANS-HEINRICH JANSEN, St. Augustin

Dem Autor ist unbedingt zuzustimmen, und der taz zu gratulieren! Ein solcher Beitrag in einer deutschen Tageszeitung ist nicht alltäglich! Führt man die Überlegung weiter, stellt sich die Frage, wieso die EU von ihren unbestreitbar vorhandenen Möglichkeiten, Einfluss auf die Konfliktparteien im Nahen Osten zu nehmen, nur so zögerlich Gebrauch macht.

Eine Antwort führt nach Berlin zum Werderschen Markt. Diplomatisch muss ein Außenminister sein, nicht aber opportunistisch. Letzteres ist aber die prägende Eigenschaft Joschka Fischers. Deutschland befände sich heute in Treue fest an der Seite der Amerikaner mittendrin im Irakschlamassel, hätte Gerhard Schröder diese Entscheidung nicht zur Chefsache gemacht. Fischer blockiert den in der EU durchaus vorhandenen Willen zu einer eigenen, von der fahrlässigen amerikanischen Haltung unabhängigeren Position im Nahostkonflikt. Die dort für jeden sichtbar zu Tage tretenden schreienden Ungerechtigkeiten, israelischer Staatsterrorismus und der double standard, mit dem der Westen dort misst, sind ideologischer Brennstoff für den internationalen Terror. Sie sind zugleich Wasser auf die Mühlen von Organisationen wie al-Qaida und schier unerschöpfliches Rekrutierungsreservoir für islamische Terroristen.

TARIK TELL, Puerto Cruz, Teneriffa/Spanien